Wahlen in Frankreich – das sollte man wissen

Das politische System funktioniert in Frankreich ganz anders als in Deutschland. Hier ein paar Informationen zu dem, was in den nächsten drei Wochen (und danach) passiert.

Bis zum Juni müssen die Franzosen noch weiter diesen jämmerlichen Wahlkampf erdulden... Foto: Eurojournalist(e)

(KL) – Frankreich wählt an den kommenden zwei Wochenenden seinen neuen Präsidenten. Allerdings ist der Präsident in Frankreich nicht etwa ein besserer „Grüßonkel“ wie in Deutschland, der überwiegend repräsentative Aufgaben zu erfüllen hat, sondern er ist der Staatschef, der die großen Linien der Politik bestimmt und seinen Premierminister als Regierungschef ernennt (und entlässt, wenn er das möchte). Kurz, in der französischen Politik läuft nichts ohne den Präsidenten.

Am Sonntag, den 23. April, ist es so weit – der erste Wahlgang der Präsidentschaftswahl findet statt. 11 Kandidaten und Kandidatinnen treten an, die zuvor jeweils 500 „Unterstützerunterschriften“ von gewählten Volksvertretern sammeln mussten. So will es die Regel und an dieser Hürde scheiterte beispielsweise die Gewinnerin der zivilgesellschaftlichen Vorwahl „LaPrimaire.org“, der eben diese Unterschriften verweigert wurden – eine Kandidatin aus dem Herzen der Zivilgesellschaft, da bekamen dann die Offiziellen wohl doch Angst. Aber – 11 Kandidaten und Kandidatinnen erhielten die erforderlichen Unterschriften und dürfen nun antreten.

Im ersten Wahlgang benötigt man 50 % der Stimmen (plus eine), um direkt zum Präsidenten gewählt zu werden. Dies ist allerdings sehr theoretisch und wird nicht passieren. Daher werden die beiden Kandidaten, die im ersten Wahlgang die meisten Stimmen erhalten, am Sonntag, den 7. Mai, zur Stichwahl antreten. Anders als bei anderen Wahlen in Frankreich, bei denen jeder Kandidat in der Stichwahl antreten kann, der im ersten Wahlgang mindestens 12,5 % der Stimmen erhalten hat, können bei der Stichwahl für das Präsidentenamt nur die beiden Kandidaten antreten, die im ersten Wahlgang die meisten Stimmen erhalten haben. Und, logisch, wer in der Stichwahl mehr Stimmen erhält, wird neuer Präsident.

Und dann die Parlamentswahlen… Damit ist aber noch lange nicht alles in trockenen Tüchern. Denn am 11. und am 18. Juni gehen die Franzosen noch einmal an die Wahlurnen und wählen ihr neues Parlament, die Assemblée Nationale. Und dieses Jahr kann es gut passieren, dass es im Parlament eine Mehrheit gibt, die nicht aus dem Lager des dann gerade gewählten Präsidenten kommt. Das ist gleichzeitig gut und schlecht.

Gut, denn sollten die Franzosen „aus Versehen“ einen extremistischen Präsidenten wie die Rechtsextreme Marine Le Pen oder den linksextremen Jean-Luc Mélenchon wählen, so haben sie die Möglichkeit, ihr Parlament praktisch als „Puffer“ zu wählen – eine Konstellation, in der Präsident und Premierminister nicht aus dem gleichen politischen Lager kommen, nennt man dann „Cohabitation“. Eine solche Konstellation gab es bereits in der Vergangenheit (Präsident Mitterand (PS) und Premierminister Jacques Chirac (UMP) oder auch Präsident Jacques Chirac (UMP) und Premierminister Lionel Jospin (PS)). Das Schlechte an so einer „Cohabitation“ ist allerdings, dass sie zu einer Art politischer Lähmung führen kann, denn die französische Gewaltenteilung sieht so aus, dass der Präsident in der Praxis nicht ohne das Parlament regieren kann, das Parlament allerdings auch nicht ohne den Präsidenten. Was dann zu endlosen Debatten und wässrigen Kompromissen führt.

So wichtig die nun kommende Präsidentschaftswahl ist, man wird bis zum Juni warten müssen, bevor man die neue politische Landschaft in Frankreich wirklich bewerten kann. Bis dahin wird der vor allem an eine jämmerliche Schlammschlacht erinnernde Wahlkampf weitergehen – obwohl die platten Slogans aller Kandidaten den meisten Franzosen bereits aus den Ohren herauskommen. Hoffentlich ist bald Sommer…

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