Wahlkampf in Beirut

Der Besuch des französischen Präsidenten Emmanuel Macron in Beirut hat viele Beobachter verwirrt. Statt konkret zu helfen, benahm sich Macron, als sei der Libanon immer noch französisches Protektorat.

Eigentlich will Emmanuel Macron immer nur das Beste für alle... Foto: Eurojournalist(e) / CC-BY-SA 4.0int

(KL) – Klar – die Beziehungen zwischen dem Libanon und Frankreich sind seit jeher besonders. Doch rechtfertigt das den gönnerhaften Auftritt des französischen Präsidenten in Beirut? Wo er einen Politikwechsel einforderte und ankündigte, im September mit einem neuen „politischen Pakt“ wiederkommen zu wollen? Nach der Klatsche, die seine Partei „La République en Marche“ bei den OB- und Kommunalwahlen kassierte, verlegt Macron seinen Wahlkampf eben dorthin, wo man sich von ihm noch Wunder verspricht.

Man stelle sich vor, Angela Merkel wäre nach dem Brand der Kathedrale Notre Dame nach Paris gereist, um dort zu verkünden, dass Frankreich endlich die Korruption beenden müsse (bei Transparency International belegt Frankreich im „Korruptions-Rating einen enttäuschenden 23. Platz), dass die Regierung endlich nach 18 Monaten die Gelbwesten-Krise in den Griff bekommen sollte und dass sie gefälligst die Rentenreform durchziehen muss – andernfalls würde die Kanzlerin in ein paar Monaten wiederkommen und Frankreich einen „politischen Pakt“ vorlegen. Der Aufschrei wäre riesig gewesen. Frankreich hätte sich, völlig zu Recht, eine solche Einmischung verbeten.

Emmanuel Macron hat mehr durch seine bisherige Politikführung verloren, als er das wahrhaben möchte. In Kürze beginnen die ersten Prozesse wegen des schwachen und von ständigen Lügen begleiteten Managements der Covid-Krise, in der neben China und den USA eigentlich nur in Frankreich derartig viele Lügen von der Regierung verbreitet wurden; die „Gelbwesten“ werden im Herbst wieder aktiv werden, seine Regierung ist fest entschlossen, die Rentenreform durchzuziehen, was dann wieder zu massiven Protesten und Streiks führen wird. Dazu ist seine Partei bei den Franzosen ziemlich durch – bis auf seine fast religiös ihren Präsidenten verehrenden Jünger hat Frankreich vom „Experiment Macron“ langsam die Nase voll.

Dass er aber nun den gebeutelten Libanon für seinen Vorwahlkampf 2022 nutzt, das hat schon etwas Zynisches. Ein Bad in der Menge wie in Beirut kann sich Macron in Frankreich heute nicht mehr leisten – die Befürchtung, seine Landsleute könnten auf ihn losgehen, ist durchaus ernstzunehmen.

Verschiedene Medien berichten, dass Macron auf dem Flug nach Beirut von der „Präsidial-Presse“ begleitet wurde. Das Ganze roch nach einer sorgfältig inszenierten Charme-Kampagne für Macron, weit weg von daheim, dort, wo er mit dem Mythos Macron noch punkten kann.

Und vielleicht sollte man im Elysee-Palast nochmal im „Petit Larousse“ nachschlagen, was eigentlich der Begriff „Einmischung in die inneren Angelegenheiten“ bedeutet…

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