Wanderer, kommst du nach Straßburg…

… dann komm möglichst ohne dein Auto – denn wenn du in die Fänge der privaten Strafzettelverteiler von „Streeteo“ gerätst, wird es richtig schwierig...

Hinter diesem Schild ist Parken kostenfrei erlaubt. Aber schauen Sie mal auf das Photo am Ende des Artikels... Foto: privat

(KL) – Im Januar 2018 beschloss die Stadt Straßburg, die Überwachung der städtischen Parkplätze einem privaten Unternehmen zu übertragen, nämlich der Firma „Streeteo“, einer Tochter der Indigo-Gruppe. Damit waren die Straßburger nicht die ersten, auch in Metz, Nancy, Perpignan, Cagnes-sur-Mer, Chantilly, Biarritz, Rueil-Malmaison, Montargis und anderen Städten werden die „Knöllchen“, die jetzt den eleganten Namen „Forfait post-stationnement – FPS“ tragen, von den Mitarbeitern und Mitarbeiterinnen von „Streeteo“ verteilt. Und seitdem reißen die Beschwerden nicht ab.

Die „Knöllchen“ werden häufig nach Gutdünken verteilt, manchmal sogar noch während der bezahlten Parkzeit, gelegentlich auch unter Angabe einer falschen Adresse, wie zuletzt einem in Straßburg lebenden Juristen aus Kehl passiert. Der parkte völlig ordnungsgemäß in seiner Straße auf einem „legalen“ Parkplatz, wo er trotzdem ein „Knöllchen“ über 35 € unter den Scheibenwischer bekam – der Kontrolleur hatte einfach die Adresse um ein paar Meter verlegt, nämlich dorthin, wo der Jurist einen Parkschein benötigt hätte. Natürlich focht der Jurist diesen Strafzettel an, doch damit geriet er erst richtig in die Mühlen dieser Firma, die, wenn man den zahlreichen Presseberichten zu ihnen Glauben schenkt, generell sehr zweifelhafte Geschäftsmethoden an den Tag legt.

Die Forderung von „Streeteo“ war einfach – zahlen Sie erstmal; protestieren können Sie später immer noch. Doch welcher Jurist zahlt einen Strafzettel, der ganz offensichtlich fehlerhaft, wenn nicht gar betrügerisch ausgestellt wurde? Es scheint Tausende von Fällen zu geben, in denen es zu solch fragwürdigen „Knöllchen“ kommt und 90 % der echten oder falschen Parksünder zahlen ihren Strafzettel auch, denn wer hat schon Lust auf langwierige Rechtsverfahren für einen Streitwert von 35 €? Darauf zu setzen, dass die Leute schnell das Handtuch werfen und bezahlen, gleich, ob der Strafzettel zurecht oder nicht ausgestellt wurde, scheint Bestandteil des Geschäftsmodells dieser Firma zu sein.

Der betroffene Jurist ließ es aber nicht darauf beruhen, „nicht so sehr wegen der 35 €, sondern wegen des Prinzips“, wie er Eurojournalist(e) sagte. Also schrieb er geharnischte Briefe sowohl an die Firma als auch an die zuständige stellvertretende Bürgermeisterin und kündigte den langen Gang durch alle erforderlichen Instanzen an, zusammen mit dem Hinweis, dass der falsche Strafzettel für den ausstellenden Mitarbeiter durchaus strafrechtliche Konsequenzen haben könnte.

Ergebnis – der Strafzettel wurde dann doch eilig zurückgenommen. Soweit, so gut oder eben auch so schlecht. „Denn“, so der Jurist, „was machen all die anderen, die unberechtigte Strafzettel erhalten, aber nicht die juristische Möglichkeit haben, sich so zu wehren wie ich?“ Gute Frage – vermutlich zahlen die Menschen, ärgern sich und vergessen dann die Geschichte so schnell es eben geht. Doch im Grunde ist das nichts anderes als moderne Wegelagerei. Wenn man dazu noch die neuen Parkmeter betrachtet, für deren Bedienung man eigentlich ein Ingenieursstudium haben müsste, dann kann man dieses Vorgehen nur als prohibitiv bezeichnen.

Darum unser Tipp für Besucher aus Deutschland – wenn Sie nach Straßburg kommen, parken Sie Ihr Auto in Kehl (wo es viele, deutlich günstigere Parkplätze gibt!) und fahren Sie mit der Tramlinie D mitten hinein in die Straßburger Innenstadt. Das ist nervensparend und im Zweifelsfall deutlich günstiger als die Auseinandersetzung mit „Streeteo“… Es sei denn, Sie sind Jurist und haben Lust, rechtlich gegen eine solche Abzocke vorzugehen…

Der schwarze Wagen parkt völlig ordnungsgemäss - einen Strafzettel bekam er trotzdem... Foto: privat

Der schwarze Wagen parkt völlig ordnungsgemäss – einen Strafzettel bekam er trotzdem… Foto: privat

1 Kommentar zu Wanderer, kommst du nach Straßburg…

  1. Hätte ich den Artikel bloß früher gelesen… Ich habe mit Parkschein in Straßburg geparkt und trotzdem einen Strafzettel erhalten.

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