Wann kommt der nächste Sturm auf die Bastille?

Morgen feiern die Franzosen ihren Nationalfeiertag, den 14 Juillet. Und so, wie die Stimmung im Land ist, könnte schon bald wieder ein Sturm auf die Bastille stattfinden...

Der Sturm auf die Bastille am 14. Juli 1789 gilt vielen als der Auftakt zur Französischen Revolution. Foto: Jajotthu / Wikimedia Commons / PD

(KL) – Der Sturm auf die Bastille am 14. Juli 1789 gilt vielen als der Beginn der Französischen Revolution. Dabei war dieser Sturm weniger spektakulär als man sich das so vorstellt. Das Pariser Stadtgefängnis „Bastille“ war zu diesem Zeitpunkt fast leer, nur 7 Gefangene saßen dort ein. Da, alten Berichten zufolge, der dort festgehaltene Marquis de Sade die Menschen anstachelte, auf die spärlich besetzte Wachmannschaft loszugehen, indem er einer demonstrierenden Menschenmenge zurief, in der Bastille würden die Gefangenen getötet, eskalierte die Lage. Der Kommandant der Festung, ein gewisser Bernard-René Jordan de Launey ließ auf die Menschenmenge schießen, wobei 90 Menschen getötet wurden. Und dann nahm die Geschichte ihren Lauf.

Nach diesem ersten Abschlachten der protestierenden Pariser Menschenmenge organisierte sich diese, kam zurück, besser bewaffnet und wesentlich zahlreicher. Angesichts dieses erneuten Ansturms kapitulierte de Launey, da er die Festung mit 80 Veteranen und 32 Soldaten nicht halten konnte. Er übergab die Bastille kampflos, was ihm allerdings auch nicht viel nützte – nachdem die sieben Gefangenen befreit worden waren, wurde de Launey geköpft. Ein Schicksal, das im Laufe der Französischen Revolution viele treffen sollte.

Doch dass diese historische Begebenheit an einem 14. Juli stattfand, hat nur unmittelbar mit dem Französischen Nationalfeiertag zu tun – denn dieser wurde ein Jahr später eingeführt, unter dem Namen „Föderationsfest“. An diesem Tag leisteten der König, die Stände und Vertreter aller Departements einen feierlichen Eid auf die Nation – seitdem ist der 14. Juli der französische Nationalfeiertag.

Im Jahr 2016 hat man das Gefühl, als stünde Frankreich kurz vor einer „Französischen Revolution 2.0“ – ein Jahr vor den nächsten Präsidentschafts- und Parlamentswahlen in Frankreich ist die Stimmung im Land alles andere als gut. Die Bilanz der Regierung von Präsident Hollande ist katastrophal, Frankreich befindet sich seit den Anschlägen von November 2015 immer noch im Ausnahmezustand und die Unzufriedenheit der Franzosen drückt sich immer mehr in sozialen Konflikten und auf der Straße aus.

Zwar ist die Protestbewegung „Nuit debout“ („aufrecht durch die Nacht“) inzwischen praktisch eingeschlafen, doch weht ein revolutionärer Wind durch das Land, dessen Auswirkungen das politische Establishment spätestens 2017 spüren wird.

Heute Abend werden überall in Frankreich Feuerwerke abgebrannt, am morgigen Donnerstag finden Paraden und alle möglichen anderen Veranstaltungen statt, doch wird der 14 Juillet 2016 kein neues „Föderationsfest“ mehr werden, kein Schulterschluss zwischen den Mächtigen und dem Volk. Auch, wenn Präsident Hollande sicherlich einen pathetischen Aufruf zur Einheit des französischen Volks über die Fernsehkanäle schicken wird, so ist diese Einheit kaum wieder herzustellen. Die Franzosen trauen ihrem Führungspersonal nicht mehr zu, die Probleme des Landes zu lösen und nur ein grundlegender Wechsel eines völlig verkrusteten Politiksystems kann wieder dazu führen, dass sich die Franzosen wieder mit der Führung ihres Landes versöhnen können.

Das Beste an diesem 14 Juillet ist allerdings, dass er den Franzosen ein richtig langes Wochenende beschert – fast alle machen aus dem Freitag, den 15. Juli, einen Brückentag und haben dadurch eine starke halbe Woche frei. Feiert schön, liebe französische Nachbarn!

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