War die CDU nur die „Merkel-Partei“?

Rund drei Wochen vor der Bundestagswahl stürzt die CDU immer weiter in den Umfragen ab. Zahlt die Partei jetzt den Preis für ihre eigenartige Kandidatenkür?

Angela Merkel wird in der Bundespolitik fehlen. Aber bereits jetzt fehlt sie der CDU, die immer weiter abstürzt. Foto: European People's Party / Wikimedia Commons / CC-BY 2.0

(KL) – Knapp drei Wochen vor der Bundestagswahl lohnt es sich, die Umfragen zu verfolgen. Diese sind zwar nicht mehr als eben nur Umfragen, aber dennoch lassen sich in ihnen Trends ablesen und die sind momentan alles andere als ermutigend für die CDU. Während viele Experten meinen, dass eine Kandidatin Angela Merkel einen relativ ungefährdeten Sieg eingefahren hätte, geht inzwischen bei den Konservativen ein Schreckgespenst um und das heißt „Opposition“…

Die aktuellen Zahlen sind für die CDU ernüchternd, für die politischen Wettbewerber allerdings erfreulich. So liegt die SPD momentan bei 23 %, die CDU/CSU bei 21 %, die Grünen bei 18 %, die FDP bei 12 %, die AfD bei 11 % und Die Linke bei 6 %. Bliebe es bei diesen Ergebnissen, käme nur eine Dreier-Koalition in Frage, allerdings gäbe es für eine solche Dreier-Koalition jede Menge Optionen.

Wenn man bedenkt, dass die CDU noch im Januar bei 36 % in den Umfragen lag, muss man sich im Konrad-Adenauer-Haus in Berlin aber die Frage stellen, wie man in 8 Monaten satte 15 % in den Umfragen verlieren konnte, ja, wie es sein kann, dass die SPD zum ersten Mal seit 15 Jahren (!) an der CDU vorbeigezogen ist. Die Antwort liegt auf der Hand – die CDU hat sich in ihrer Kandidatenkür verhaspelt und einen riesigen Fehler gemacht, als der Parteivorstand gegen den erklärten Willen der Parteibasis Armin Laschet zum Kandidaten machte. Laut den Umfragen liegt Laschet nicht einmal bei CDU-Anhängern mehrheitlich vorne. Das sture Festhalten an einem in der Bevölkerung unbeliebten Politiker könnte die CDU das Kanzleramt kosten.

Im Januar, als die CDU noch bei 36 % lag, war Angela Merkel noch sehr aktiv im Amt und ihr Abschied aus der Politik weit entfernt. Zu diesem Zeitpunkt war die CDU immer noch die „Kanzlerinnen-Partei“ und ihr Erfolg schien im Abonnement gesichert. Doch jetzt, wo der Rückzug Merkels eine Realität ist, macht Armin Laschet eine denkbar unglückliche Figur in einem Wahlkampf, der für ihn eine Nummer zu groß zu sein scheint. Mit der Strategie, Landesfürsten in den Bundestagswahlkampf zu schicken, liegt die CDU offenbar auf der falschen Linie.

Die erste, die diesem Umstand Rechnung tragen musste, war „Kronprinzessin“ Annegret Kramp-Karrenbauer. Von Angela Merkel aus dem Saarland nach Berlin geholt, machte „AKK“, die im Saarland als Ministerpräsidentin einen hervorragenden Job gemacht hatte, eine mehr als unglückliche Figur. Dabei war sie eigentlich schon die designierte Kandidatin für 2021, nachdem Angela Merkel ihre Kandidatin bis zum Parteivorsitz protegiert hatte, den Kramp-Karrenbauer aber nach einem halben Jahr entnervt aufgab. Und nun wiederholt sich die Geschichte mit Armin Laschet, dem gerade mal 11 % der Bundesbürger zutrauen, mit den aktuellen Problemen fertig zu werden. Was im Umkehrschluss bedeutet, dass 89 % der Bundesbürger ihm genau das nicht zutrauen.

Dass sich die Parteien sehr weit von den Realitäten und Befindlichkeiten der Bevölkerung entfernt haben, ist nicht neu. Aber dass Parteien geradezu gegen den erklärten Willen ihrer Basis agieren, das ist etwas, was offenbar nicht mehr akzeptiert wird. Dabei hatte die CDU durchaus die Wahl. AKK wäre eine interessante Nachfolgerin gewesen, Friedrich Merz hätte den konservativen Flügel der CDU einen können und selbst Norbert Röttgen wäre als Sympathieträger eine Alternative im Zentrum der Partei gewesen. Aber der Parteivorstand setzte lieber auf den völlig charismafreien Laschet, der seit Beginn des Wahlkampfs zielsicher von Fettnäpfchen zu Fettnäpfchen springt.

Angela Merkel wird vielen Bundesbürgern im Herbst als Repräsentantin einer ruhigen und unaufgeregten Politik fehlen, die internationale Anerkennung erfahren hat. Doch vermutlich wird sich Armin Laschet nicht allzu viele Gedanken um die großen Fußstapfen einer Angela Merkel machen müssen. Denn die Nachfolge im Kanzleramt könnte ohne ihn organisiert werden. Für ihn und die ganze CDU dürfte das eine echte Herausforderung werden – wie macht man Opposition? Mit dieser Frage musste sich die CDU schon lange nicht mehr auseinandersetzen. Durch das Ende der politischen Karriere von Angela Merkel könnte sich diese Frage schneller stellen, als es der CDU lieb ist.

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