Warum die „Gelbwesten“ niemanden mehr interessieren

Während sich aktuell andere Bewegungen bilden, denen es um die Zukunft des Planeten geht und die mit gewaltfreien Methoden operieren, geht den „Gelbwesten“ in Frankreich die Puste aus.

Konzeptlosigkeit durch Gewalt zu ersetzen, ist kein Erfolgmodell... Foto: Benoît Prieur / Wikimedia Commons / CC-BY-SA 4.0int

(KL) – Das also war „Akt 45“ in Paris – die angekündigte „Mega-Mobilisierung“ blieb aus, denn nach 45 dieser „Akte“, sprich: gewalttätigen Demonstrationen, vergeht den Franzosen langsam die Lust, dies alles noch einen weiteren Winter zu erleben. Die „Akte“ verlaufen inzwischen immer nach dem gleichen, sinnlosen und inzwischen völlig langweiligen Muster. Ein paar Hundert „Gelbwesten“ treffen sich in der Nähe der Champs-Elysees, irgendwann tauchen dann die „Black Blocks“ auf und beginnen damit, Scheiben einzuwerfen, Mülleimer und Autos anzuzünden und sich Scharmützel mit der Polizei zu liefern. So lief das nun bereits 45 Mal ab, ohne dass sich auf den Protesten der „Gelbwesten“ irgendetwas Konkretes ergeben hätte. Inzwischen interessieren die „Gelbwesten“ eigentlich nur noch sich selbst und angesichts des auch nach fast einem Jahr der Proteste völligen Fehlens irgendeiner klar und verständlich vorgetragenen politischen Forderung werden sie von Wochenende zu Wochenende überflüssiger.

Wohl selten hat man eine Sozialbewegung erlebt, die sich ungeschickter verhält, als ob es ihr gar nicht darum ginge, ein Ergebnis zu erreichen, sondern nur noch darum, samstags in den Innenstädten Randale zu machen. Doch niemand braucht eine Sozialbewegung, die gar nicht für soziale Veränderungen arbeitet.

Nach wie vor betrachten noch viele Alt-68er die „Gelbwesten“ mit zärtlicher Wehmut im Blick, verstehen dabei allerdings nicht, dass die 68er-Studentenrevolte und die samstäglichen Gewaltorgien der „Gelbwesten“ nichts miteinander zu tun haben. Eine Bewegung, die nach 45 Wochen und ebenso vielen gewalttätigen Demonstrationen immer noch nicht weiß, wie sie sich organisieren soll und was genau sie eigentlich fordert, hat ihre Daseinsberechtigung verloren. Doch auch das massive Abbröckeln der Unterstützung dieser anfangs durchaus mächtigen Bewegung bekommen die selbsternannten Führer der „Gelbwesten“ nicht mehr mit. Mit den Demonstranten, die samstags in ganz Frankreich durch die Innenstädte laufen, könnte man nicht einmal mehr ein Fußballstadion füllen – die Party ist vorbei.

Auch das Argument der „Gelbwesten“, dass sie nichts für die Ausschreitungen der „Black Blocks“ können, ist schlicht lächerlich. Wenn diese Leute auch nach 45 Demonstrationen nicht gemerkt haben, was die „Black Blocks“ auf ihren Demonstrationen anstellen, dann sind sie entweder vollständig verblödet oder aber, sie nehmen diese Gewaltexzesse „billigend in Kauf“. Seltsam, dass es bei anderen Demonstrationen, wie beispielsweise dem „Gegengipfel“ in Hendaye anlässlich des G7-Gipfels in Biarritz durchaus möglich ist, „Black Blocks“ durch einen eigenen Ordnungsdienst aus Demonstrationen fernzuhalten, sofern man dies möchte.

Der Kontrast zwischen ein paar Hundert oder Tausend gewalttätiger Demonstranten, die 45 Mal brüllend durch die Städte ziehen, ohne klar formulieren zu können, was sie wollen und den Millionen Jugendlicher, die friedlich für ein gemeinsames Anliegen weltweit demonstrieren, könnte grösser nicht sein.

Ihre Weigerung, tatsächlich zum Akteur des sozialen Wandels in Frankreich zu werden, hat den „Gelbwesten“ das Genick gebrochen. Das Kokettieren mit der eigenen Unorganisiertheit, das großmäulige Angeben, man sei „das Volk“, die Plan- und Konzeptlosigkeit, das Tolerieren links- und rechts-extremer Gewalttäter in ihren Reihen, all das hat dafür gesorgt, dass die „Gelbwesten“ nun zum Auslaufmodell geworden sind, das nur noch einen Zweck hat – jeden Samstag einen Vorwand für die paar Tausend zu liefern, die sich treffen, weil ihnen das Gemeinschaftserleben in gelber Uniform gefällt. Inhaltlich ist die Geschichte längst gegessen und abgehakt. Doch dort, wo die „Gelbwesten“ mit ihren inhaltlichen und organisatorischen Schwächen angegeben haben, werden sich schon bald neue Bewegungen entwickeln, die sich etwas schlauer anstellen werden und Änderungen gewaltfrei in die Wege leiten werden. Das dürfte dann wieder interessant werden.

 

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