Warum die Menschen den Politikern nicht mehr trauen

Früher war das einmal anders. Da war der Beruf des Politikers noch ehrenwert. Mittlerweile rangieren Politiker gefühlt zwischen Knöllchenschreiberinnen und Zuhältern.

Das Verhältnis zwischen Politik und Bürgern ist leider nicht mehr von Vertrauen geprägt. Foto: Terry Johnston, Grand Rapids, MI, USA / Wikimedia Commons / CC-BY 2.0

(KL) – Seltsam, heutzutage haben Politiker überhaupt keinen Vertrauenskredit mehr. Im Gegenteil – die Menschen haben sich angewöhnt, immer von der schlechtmöglichsten Möglichkeit auszugehen, wenn ein neuer Politikerskandal ins Haus steht. Dies gilt in besonderem Maß für Frankreich und Deutschland, wo man die Skandale mittlerweile gar nicht mehr zählen kann. Versuchen wir mal einen direkten Vergleich. Frankreich gegen Deutschland.

Sexskandale gibt es in beiden Ländern, wobei der Unterschied nur darin zu bestehen scheint, dass es in Frankreich mittlerweile Usus geworden ist, dass frisch gewählte Präsidenten als erste Amtshandlung ihre aktuellen Frauen gegen jüngere Modelle eintauschen. Das hat bisher in Deutschland nur Horst Seehofer geschafft, einer alten, christlich-sozialen Tradition folgend, wobei er das „seid fruchtbar und mehrt euch“ vielleicht ein klein wenig zu polygam interpretiert hat. Aber alleine die Vorstellung, Sigmar Gabriel würde ein heißes Verhältnis mit, sagen wir mal, Felicitas Woll anfangen, birgt bereits ästhetische Probleme. Ansonsten geben sich beide Länder nicht viel. Die Franzosen haben ihren Dominique Strauss-Kahn, Deutschland hat seine Pädophilie-Fraktion. Frankreich – Deutschland: 0,75 : 0,25.

Finanzskandale haben in beiden Ländern unterschiedliche Ausmaße. Während in Deutschland der Bundespräsident wegen einer unklaren Bewirtungsrechnung von 700 Euro beim Oktoberfest sein Amt niederlegen muss, ist man da in Frankreich weniger pingelig. Nur, wenn es wirklich heftig wird, beispielsweise Haushaltsminister Cahuzac mit einem gut gefüllten Konto in der Schweiz erwischt wird, dann muss man auch in Frankreich zurücktreten. In beiden Ländern gilt in der Politik der Grundsatz: „Du darfst alles, nur nicht erwischt werden“. Frankreich – Deutschland: 0,5 : 0,5.

Amtsmissbrauch. Ob es nun der bayrische Landtag oder das französische Parlament sind – in beiden Häusern ist es normal, Familienangehörige auf Kosten des Steuerzahlers zu beschäftigen. Hier liegen die Deutschen allerdings hauchdünn vorne, wobei man dazu sagen muss, dass diese Begünstigung in Deutschland dazu führt, dass diese Arbeitsverhältnisse gekündigt werden müssen, während man in Frankreich gar nicht versteht, warum man diese familiäre Arbeitssituation seltsam findet. Trotzdem nur Unentschieden. Frankreich – Deutschland 0,5 : 0,5.

Falsche Doktorentitel. Aus irgendeinem nicht näher geklärten Grund meinen deutsche Politiker, dass sie sich nicht nur mit einem pompösen Funktionstitel, sondern auch mit einem akademischen Grad schmücken müssen. Was dazu führte, dass reihenweise Politiker zurücktreten mussten. Karl Theodor von und zu (der zur Belohnung Sonderbotschafter der EU wurde), Frau Koch-Mehrin, Annette Schawan (die dann passenderweise den Botschafterjob im Vatikan bekam) und viele andere mehr mussten einräumen, geschummelt zu haben. Da es dieses Phänomen in Frankreich nicht gibt, geht der volle Punkt nach Deutschland. Frankreich – Deutschland 0 : 1.

Gebrochene Wahlversprechen. In diesem Spezialgebiet sind beide Länder Spitze. Allerdings ist Frankreich noch ein wenig mehr Spitze als Deutschland. Präsident Hollande hat das Kunststück geschafft, ungefähr nichts von dem umzusetzen, was er im Wahlkampf angekündigt hatte, obwohl er auf allen Ebenen satte Mehrheiten hatte. Die Mehrheiten sind futsch. Gerade noch 3 % der Franzosen wünschen sich, dass Hollande bei der nächsten Wahl wieder antritt. 3 %! Stattdessen erwartet die Franzosen 2017 ein toller Präsidentschaftswahlkampf. Marine Le Pen, die rechtsextreme Dame mit dem Jeanne-d’Arc-Syndrom gegen Nicolas Sarkozy, den Louis de Funès der französischen Nachkriegspolitik. Wofür man die Franzosen eigentlich nur bemitleiden kann. Was man allerdings auch mit uns Deutschen könnte, denn ein Volk, dass Angela Merkel nur deswegen wählt, weil es das immer schon getan hat, kann man eigentlich auch nicht als politisch aufgeklärt betrachten. In Deutschland fällt das allerdings nicht sonderlich auf, denn Angela Merkel hat es sich klugerweise schon abgewöhnt, Versprechungen zu machen. Gewählt wird sie ja ohnehin, so lange sie antritt und so muss sie wenigstens nicht allzu viele Versprechen brechen. Frankreich – Deutschland 0,75 : 0,25.

Am Ende steht es 2,5 : 2,5. Und man versteht, warum die Menschen in beiden Ländern kein Vertrauen mehr in die Politiker haben. Deutschland und Frankreich haben damit beide den Status einer Bananenrepublik erreicht. Toll. Aber es sollte sich niemand darüber beschweren, wenn die Menschen kein Vertrauen in die Welt der Politik mehr haben. Denn Vertrauen will verdient sein.

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