Warum feiert Deutschland den 8. Mai nicht?

Am 8. Mai 1945 kapitulierte Nazi-Deutschland. Damit wurde in Deutschland die Barbarei der Nazis beendet. Warum dies heute noch als „Niederlage“ betrachtet wird, ist unverständlich.

Dass Deutschland den 8. Mai immer noch nicht als "Tag der Befreiung" begeht, ist ein Armutszeugnis. Foto: ACBahn / Wikimedia Commons / CC-BY-SA 3.0

(KL) – Jedes Jahr müssen wir die gleiche Frage stellen – warum weigert sich Deutschland standhaft, den 8. Mai, den Tag der Kapitulation von Nazi-Deutschland, als „Tag der Befreiung“ zu begehen? Drei Generationen nach Ende des II. Weltkriegs könnte man endlich damit beginnen, gemeinsam mit dem Rest der Welt den Sieg über die faschistische Barbarei zu feiern, denn das Land, das am meisten vom militärischen Erfolg der Alliierten profitiert hat – war Deutschland. Stattdessen überlässt man das Feld der Gedächtnisarbeit den Neonazis und Rechtsextremen, die dieses Datum weiterhin als den „Tag der Niederlage“ für ihre düsteren Zwecke missbrauchen.

In Frankreich und vielen anderen Ländern der Welt ist heute Feiertag. In den Schulen wird der II. Weltkrieg und der Nazi-Faschismus thematisiert und man gedenkt der Millionen Opfer, die dem deutschen Wahn vom „1000jährigen Reich“ zum Opfer fielen. Nur in Deutschland wird das Thema weitgehend unter den Tisch gekehrt, genau wie das Datum des 11. November, den Tag, am dem 1918 der I. Weltkrieg endete. Doch ist es ein großer Fehler, diese Tage nicht zu begehen und denjenigen zu überlassen, die genau diese Barbarei wieder einführen wollen.

Als am 8. Mai 1945 das, was von der Nazi-Führung übrig geblieben war, in Berlin-Karlshorst die bedingungslose Kapitulation unterzeichnete, hatten die Alliierten Deutschland die Freiheit wiedergebracht. Deutschland kann den Alliierten gar nicht dankbar genug sein – man stelle sich nur einen Moment lang vor, Nazi-Deutschland hätte sich militärisch durchgesetzt und ganz Europa nachhaltig unter das Joch des Faschismus gebracht. Das haben die Alliierten verhindert und das erste Land, das sich dankbar dieses Datums erinnern sollte, ist Deutschland.

Um den 8. Mai herum wird das Thema des II. Weltkriegs in den Schulen auf der Welt besprochen, es finden Veranstaltungen und Konferenzen statt und man wirft diesen wichtigen Blick in die Vergangenheit. Nur in Deutschland verharrt man auf der Perspektive, dass Deutschland an diesem Tag einen Krieg verloren hat.

Es gibt keinen Krieg, der Gewinner hervorbringt. Krieg, das ist Tod und Verderben, das ist eine Handvoll zynischer Politiker und Industrieller, die sich persönlich am Krieg bereichern – die Menschen sind aber immer Verlierer, gleich, auf welcher Seite sie sich befinden.

Nein, der 8. Mai ist kein Tag der „Niederlage“, wie es Neonazis und andere Ewiggestrige behaupten. Diesen Leuten darf man nicht die Deutungshoheit über Tage wie den 8. Mai oder den 11. November für ihre düstere Kommunikation überlassen.

Wir schreiben es jedes Jahr zu diesen Gedenktagen – es ist Zeit, den 8. Mai und den 11. November als „Internationale Anti-Kriegs-Tage“ zu definieren und es ist sogar allerhöchste Zeit, dass Deutschland diesen Tag ebenfalls zum Feiertag deklariert. Alleine schon, um den Alliierten zu danken, dass sie den Grundstein dafür gelegt haben, dass aus Nazi-Deutschland die Bundesrepublik Deutschland wurde, ein Land, das den Weg zurück in die Familie der Nationen gefunden hat. Und das ist alles, aber keine „Niederlage“.

4 Kommentare zu Warum feiert Deutschland den 8. Mai nicht?

  1. Ich empfinde das als Provokation und indirekte Unterstellung.

    Man kann eine solchen Tag auch still begehen, ohne dabei gleich den Faschisten das Feld überlassen zu müssen. Es gibt einen klareren gesellschaftlichen und politischen Konsens hinsichtlich solcher Gruppen und Befürworter.

    Ich hoffe stark, dass unserer Nachbarland nach den nächsten Wahlen nicht von Faschisten regiert wird. Sie müssten sonst ja einsehen, dass Faschismus kein rein deutsches Problem, sondern eine Menschheitsplage ist.

    Sie unterstellen uns Rechtsrheinern quasi

    • Die Zeiten, in denen man faschistoiden Strömungen “still” begegnen kann, sind vorbei. Ob in Deutschland oder Frankreich. Was ist denn bitteschön an der Forderung, den 8. Mai als “Internationalen Tag des Friedens” zu begehen, auch in Deutschland, eine “Provokation” oder “Unterstellung”?!?

  2. Es ist seit jeher eine Forderung der (internationalistischen) Linken, den 8. Mai als Tag der Niederlage und Befreiung zu feiern. Bis heute ist dem nicht so. Und das hat gute Gründe, die der Sache dienen:

    - Besiegte und Sieger feien gemeinsam NIE auf gleicher Augenhöhe. Psychologisch unmöglich. Man sieht das an den D-Day Feiern. Obwohl sicher gut gemeint hat man immer den Eindruck, dass deutsche Politiker am Nasenring durch die Manege gezogen werden.

    - Die Siegesfeier im Westen sind oft ein unwürdiges Gewürke der Vokabeln Nation, grand und mega-eingefärbtem Himmel. Ich meine nicht zielführend sondern nur auf Stimmung in eigener Sache ausgelegt.

    - Der Blick nach Osten zeigt indes eine gewaltige Techno- und Vernichtungsshow. Reiner Machtwille. Das will man nicht kommentieren.

    - Das ist kein Ausgleich. Rechten Revisionisten wird so in die Karten gespielt. Das können Sie nicht wollen! Dann lieber “still” und in Würde “feiern”

    Ich persönlich bin der Meinung, dass die Meisten nichts aus der Geschichte gelernt haben. Das zeigt sich im populistischen Auftreten von Politikern, sowie in der aktuellen Tagespolitik. Weltweit. Leider.

    Von daher finde ich ein “stilles Gedenken an den 8. Mai” angebracht. Lehren ziehen heißt, in einer jahrzehntelangen kontinuierlichen Politik des Ausgleichs und des Miteinander einen anderen, ebenso lebenswerten Pfad aufzuzeigen.

    Die Hauptgegner der heutigen Demokratien sind wahrscheinlich auch nicht nur faschistische Strömungen. Vielmehr rechte und auch linke Populisten.

    Obwohl natürlich nichts gegen einen weiteren Feiertag spricht hoffe ich, dass die deutsche Regierung einer solchen Forderung nicht nachkommt. In diesem Sinne, Gruß nach Straßburg.

    • Wie immer sehr interessant mit Ihnen zu diskutieren! Allerdings glaube ich, dass wir dieses Mal nicht auf einen Nenner kommen. Der Artikel spricht keinesfalls davon, dass “die Niederlage” gefeiert werden soll, denn am 8. Mai 1945 erlebte Deutschland nicht etwa eine “Niederlage”, sondern die Befreiung vom Faschismus. Wer immer die Forderung stellt, diesen Tag als “Tag der Befreiung” zu begehen, hat meine Unterstützung. Wo wir allerdings wieder einer Meinung sind, ist die Befürchtung, dass Frankreich in die Hände der Rechtsextremen fallen könnte. Einen schönen Abend aufs andere Rheinufer!

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