Warum Feiertage wie der 8. Mai so wichtig sind

Jedes Jahr werden die gleichen Diskussionen um den 8. Mai und den 11. November geführt. Dabei zeigt die Aktualität, warum das Erinnern so wichtig ist.

Am 8. Mai unterzeichnete Wilhelm Keitel die deutsche Kapitulation. So etwas sollte man nie vergessen. Foto: Bundesarchiv / Bild 183-R77799 / Wikimedia Commons

(KL) – Am Abend des 8. Mai 1945 unterzeichnete Generalfeldmarschall Wilhelm Keitel in Berlin-Karlshorst die bedingungslose Kapitulation Deutschlands – der II. Weltkrieg war endlich vorbei. Seitdem wird dieser Tag in vielen Ländern, die gegen Nazi-Deutschland kämpfen mussten oder unter den Nazis leiden mussten, als Feiertag begangen. Dieser Feiertag wird in den letzten Jahren mit Sprüchen wie „irgendwann muss aber auch mal gut sein…“ in Frage gestellt. Wie wichtig das Erinnern ist, zeigt die Aktualität auf der Welt.

Wenige Wochen vor einer denkwürdigen Europawahl, bei der wohl erstmals rechtsextreme Parteien Fraktionsstärke erringen werden, mitten hinein in den ausgebrochenen Krieg in der Ukraine, während eines fortlaufenden Flüchtlingsdramas im Süden Europas – ist der 8. Mai. Welche Katastrophen rechtsnationales Gedankengut auslösen kann, daran muss man sich am 8. Mai erinnern. Wie sich lokal begrenzte Konflikte zu Flächenbränden entwickeln können, daran muss man sich am 8. Mai erinnern. Wohin gedankenlos geplapperte Hassparolen gegen Minderheiten führen, daran muss man sich am 8. Mai erinnern.

In Ostfrankreich liegt mit dem Front National eine Partei in den Umfragen zur Europawahl vorne, die mit Fremdenhass, dem Aufkündigen der europäischen Solidarität und der dumpfen Suche nach Sündenböcken Stimmen sammelt. Ausgerechnet in Ostfrankreich, dass wie keine andere Region unter den Kriegen gelitten hat, wo Familien zerrissen wurden und junge Franzosen zwangsweise in die Wehrmacht eingezogen wurden, wo es keine Familie gibt, die keine Opfer in den beiden Kriegen zu beklagen hat – ausgerechnet hier kann man 2014 mit einer solchen Ideologie wieder Stimmen sammeln? Hat man denn hier gar nichts aus der Geschichte gelernt?

In der Ukraine stehen sich „der Osten“ und der „Westen“ bewaffnet gegenüber, es kommt zu Scharmützeln und das, was in den Medien noch fälschlicherweise als „Bürgerkrieg“ bezeichnet wird, ist kurz davor, sich zu einem großen Krieg zu entwickeln. Haben wir denn gar nichts aus der Geschichte gelernt? Der 8. Mai ist eine gute Gelegenheit, Jugendlichen zu erklären, dass Kriege im echten Leben keine Reset-Taste haben, überhaupt nicht witzig und amüsant sind, sondern dass im Krieg gelitten, gestorben und gemordet wird.

Mittlerweile geht es bei beiden Gedenktagen nicht mehr darum, den Deutschen ein schlechtes Gewissen zu machen. Auch unsere Nachbarn, heutigen Partner und früheren Kriegsgegner wissen, dass die heutigen Generationen der Deutschen nicht mehr für die Verbrechen ihrer Vorfahren verantwortlich gemacht werden können. Genauso wenig wie die Hamburger sauer auf die Franzosen sind, weil Napoleon irgendwann mal die Stadt niedergebrannt hat.

Interessant sind heute nicht mehr Schuldzuweisungen, sondern das Verständnis der Mechanismen, die zu Kriegen, Faschismus und Hass führen. Damit solche Entwicklungen zukünftig rechtzeitig umgebogen werden können. Alleine, die weltpolitischen Tatsachen zeigen, dass man heute wieder bereit ist, die gleichen Fehler wie in der Vergangenheit zu machen. Und genau deswegen sind diese Feiertage so wichtig.

Wobei nach wie vor der Vorschlag im Raum steht, beide Tage zu einem weltweiten Feiertag für den Frieden umzubenennen. Doch darf die Gedächtnisarbeit nie aufhören – wer die Fehler der Vergangenheit vergisst, der wird sie wieder und wieder begehen. Insofern dürfen auch wir Deutschen am 8. Mai einmal über unsere Geschichte nachdenken und prüfen, ob wir wirklich alles tun, um künftig neue Konflikte weiträumig zu verhindern. Und in Ländern wie Frankreich, Holland, Ungarn und anderswo sollten die Menschen an diesem Tag einmal darüber nachdenken, ob sie wirklich eine Partei wählen will, deren Triebfeder der Hass auf alles ist, was anders ist als man selbst. Denn das war ja auch der Hauptgrund für die Erschaffung des institutionellen Europas – man wollte eine Struktur schaffen, die den Kriegen in Europa ein Ende setzt. Was Europa ja bis zuletzt auch prima geschafft hat.

Daher sollte der 8. Mai unbedingt als Feier- und Gedächtnistag erhalten bleiben. Als Weltfriedenstag.

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