„Warum sollten wir uns denn vom IS distanzieren?“
Viele in Europa lebende Moslems beklagen sich gerade, dass man sich im Westen wünschen würde, dass sie sich von den Gräueltaten der IS distanzieren. Und das wäre in der Tat hilfreich.
(KL) – In jeder dritten TV-Talkrunde zum Thema IS hört man heute aufgebrachte Moslems, die sich darüber beklagen, dass man sich wünscht, sie mögen klar Stellung gegen die Terroristen des IS, aber auch gegen die gewalttätigen Salafisten beziehen, die sich auf Europas Straßen Schlachten mit kurdischen Demonstranten liefern. „Warum sollten wir uns denn vom IS distanzieren?“, sagen Imame, moslemische Journalisten, salafistische Konvertiten. „Das würde ja bedeuten, dass alle Moslem hier unter einer Art Generalverdacht stehen!“
Nein, bedeutet es nicht. Doch sei die Frage gestattet, warum es so schwer ist, barbarische Morde, systematische Vergewaltigung und Versklavung zu verurteilen, die vom IS im Namen des Islam begangen werden? „Aber die Deutschen müssen sich nicht von den Untaten des NSU distanzieren“, sagen sie. Auch falsch. Es hat jede Menge Demonstrationen gegen die NSU gegeben, Solidaritätskundgebungen mit den Opfern der deutschen Neonazis und es wäre absolut korrekt, würden Moslems nachfragen, wie man selbst zum NSU steht. Verbrechen zu verurteilen, die im eigenen Namen, aber ohne das entsprechende Mandat begangen werden, dabei vergibt man sich doch nichts! Schaut her – ich distanziere mich in aller Form von den Verbrechen, die im Namen der Deutschen begangen wurden, ich beklage jedes einzelne Opfer deutschen Terrors, ich schäme mich für unzählige Morde, die Deutsche im nationalistischen Wahn verübt haben. Und damit habe ich eine klare Position.
Die standhafte Weigerung, einen so einfachen Satz wie „Das Morden des IS geschieht weder im Namen des Islam, noch in meinem Namen“ klappt doch, wie eine entsprechende Aktion in den sozialen Netzwerken gezeigt hat, als Tausende Moslems mit Schildern „Not in my name“ posierten – und solche Aktionen sind wichtig. Denn die Strategie des IS ist offensichtlich – durch die permanente Bedrohung des Westens in Wort, Bild, Schrift und Tat will der IS den Terror und die Angst in die Länder des Westens tragen. Die sich wiederholenden Videobotschaften, auf denen junge Männer mit noch dünnen Bärtchen mit sich überschlagender Stimme dazu auffordern, man möge doch schmutzige Franzosen, böse Amerikaner, verbrecherische Engländer und Deutsche überall dort töten, wo man sie trifft, haben ein konkretes Ziel – die Gräben zwischen den moslemischen Gruppen und dem Rest der Gesellschaft in unseren Ländern so weit zu vertiefen, dass nur noch tiefes Misstrauen herrscht. Denn das erschüttert einerseits die Länder des Westens und erleichtert in einem aufgeheizten Klima die Radikalisierung junger Moslems. Eine Strategie, die im Westen nicht von Nicht-Moslems unterlaufen werden kann, sondern eben nur von Moslems.
Man stelle sich die Situation einmal umgekehrt vor – christlich-fundamentalistische Terroristen würden, wie zu Zeiten der Kreuzfahrer, mordend im Namen des Christentums durch die Gegend ziehen und ihre Glaubensbrüder weltweit auffordern, allen Moslems, die sie treffen, die Kehle durchzuschneiden – wäre es da nicht hilfreich, wenn dann die christlichen Verbände öffentlich dieses Treiben verurteilen und sich schützend vor ihre moslemischen Mitbürger stellen würden? Anstatt zu erklären, dass man keinerlei Grund sähe, sich vom Morden zu distanzieren?
Wenn sich diejenigen, die Religion nicht als Plattform für Mord und Totschlag begreifen, gleich ob Moslems, Christen, Juden, Jesiden, Hindus, Buddhisten oder Andersgläubige sich nicht im Sinne eines friedlichen Miteinanders die Hand reichen – wer dann?
Kommentar hinterlassen