Warum wir nicht von der Tour de France berichten

Seit fast einer Woche läuft wieder die Tour de France, die dieses Jahr in Dänemark startete. Allerdings werden wir von dieser Tour ebenso wenig berichten wie von der Fußball-WM in Katar.

Wie bei der Fussball-WM in Katar wird Eurojournalist(e) auch nicht von der Tour de France berichten... Foto: Tour de France / Wikimedia Commons / PD

(KL) – Gewiss, die Tour de France 2022 ist weitaus weniger politisch als die Fußball-WM in Katar oder Olympische Spiele in China. Dafür hat sich die Tour seit etlichen Jahren zu einer Art Leistungsschau der Pharma-Industrie entwickelt, bei der die Doping-Kontrolleure immer einen Schritt zu spät kommen. Es steckt viel Geld in diesen Veranstaltungen, doch das ist auch genau die Krux – denn dort, wo es um viel Geld geht, wird auch viel betrogen, was man nicht erst seit Jan Ullrich weiß.

Auf 21 Etappen müssen die Fahrer insgesamt 3.346,6 km absolvieren und das in knapp 3 Wochen, mit nur zwei Ruhetagen. Kein Wunder, dass die Teams zu allen Mitteln greifen, die ihnen auch nur einen leichten Vorteil verschaffen. Es geht um Sponsoren, TV-Präsenz, Werbetermine im Fahrerdorf und das Ganze, während die Fahrer eine schier unmenschliche Leistung erbringen müssen. Dass man eine derartige Leistung nicht erzielen kann, indem man morgens nur ein Müsli zu sich nimmt, ist klar. Der Körper muss schnell regenerieren, die Muskulatur muss nach einer langen Etappe sofort für den nächsten Tag fit gemacht werden und wer will den Fahrern schon vorwerfen, dabei alles einzusetzen, was geht? Vor allem, wenn der Teamarzt sagt, dass die verwendeten Mittel bei einer Doping-Kontrolle nicht auffallen.

Praktisch alle aktuellen Sport-Großereignisse haben ein „Gschmäckle“. So auch die Tour de France, bei der die Organisatoren den Fahrern und Teams Dinge abverlangen, die ohne kleine Hilfsmittel nicht machbar sind. Seit Jahren läuft die Diskussion, Etappen zu verkürzen und mehr Ruhetage einzubauen, damit diese Rundfahrt eines Tages wieder mit „normalen Mitteln“ absolviert werden kann. Doch abgesehen davon, dass das Thema ab und zu gestreift wird, existiert es eigentlich gar nicht. Denn die Tour de France, ähnlich wie andere Veranstaltungen, lebt von Superlativen und Drama. Und das gibt es eben vor allem in diesem Format.

Ebenso, wie wir nicht von der Fußball-WM in Katar berichten werden, ist auch die Tour de France für uns kein Thema. Das ist schade, denn viele unserer Kontributoren sind Radsport-Fans und sind selbst viel mit dem Drahtesel unterwegs. Doch die Tour de France ist nicht mehr die Königs-Veranstaltung des Radsports, sondern eine Geldmaschine, in der die Sportler nicht viel mehr als „Ressourcen“ sind, die, um ihren Lebensunterhalt zu verdienen, das machen müssen, was die Teamchefs befehlen. Diese wiederum erhalten ihren Druck von den Sponsoren und den Chefs der Rennställe und diese gut geölte Maschine hat mit „Sport“ nur noch wenig zu tun.

Aber wir machen uns keine Sorgen, dass unsere Leserinnen und Leser die gewünschten Informationen zu Etappen und Gesamtklassement nicht bei anderen Medien finden, denn fast alle machen begeistert mit. Wir nicht. Und wir hoffen, dass Sie uns das nachsehen…

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