Was der französische Präsident seinen Landsleuten wünscht

Die Neujahrsansprache von François Hollande hatte fast etwas Trotziges. Angesichts der aktuellen Lage Frankreichs war es ganz schön schwierig, Optimismus zu verbreiten.

Bei seiner Neujahrsansprache war es für Präsident Hollande nicht einfach, Optimismus zu verbreiten. Foto: (c) Présidence de la République / L. Blevennec

(KL) – „Frankreich ist ein großes Land, die fünftgrößte Wirtschaftsmacht der Welt“ – mit diesen Worten leitete der französische Präsident seine Neujahrsansprache ein. Und diese grundlegende Aussage zog sich dann auch durch seine ganze Ansprache, mit der Hollande seinen Landsleuten Mut und Selbstvertrauen einflößen wollte. Beides werden die Franzosen im Jahr 2015 auch brauchen.

Hollande war ehrlich genug, bereits in den ersten Sätzen seiner Ansprache das Problem der Arbeitslosigkeit anzusprechen – immerhin hatte er vor, während und nach seiner Wahl immer wieder betont, dass dieses Thema für ihn der Gradmesser seines Erfolgs (oder Misserfolgs) sein soll. Bislang ist die Bilanz seiner Regierung allerdings ein einziges Desaster – fast jeden Monat muss die Regierung neue Rekordzahlen der Arbeitslosigkeit vermelden und in vielen Regionen liegt die Jugendarbeitslosigkeit bei über 25 %. Doch Hollande setzt, wie er in seiner Ansprache sagte, vor allem auf das von der EU angekündigte Investitionsprogramm von 315 Milliarden Euro.

Um den Franzosen mehr Selbstvertrauen einzuimpfen, erklärte Hollande seine zahlreichen Aktionen im Bereich der Außenpolitik sowie die militärischen Interventionen französischer Truppen in Afrika und dem Irak, ohne das Engagement der französischen Diplomatie in der Ukraine oder dem Nahen Osten zu verschweigen. Und – auch darauf ist Frankreich zu Recht stolz – auch in diesem Jahr gingen zwei Nobelpreise nach Frankreich. Was dann ein wenig danach klingt, als sei das Land generell auf dem richtigen Weg.

Im Grunde hat Hollande noch nicht einmal Unrecht – schon in wenigen Jahren wird Frankreich wahrscheinlich wieder in der Spur sein, nämlich dann, wenn der deutsche Nachbar unter dem demographischen Wandel ächzen wird und die deutsche Produktivität in den Keller geht. Dann wird Frankreich mit seinen demographischen Realitäten Deutschland als europäische Führungsmacht ablösen und bis dahin gilt es für die Franzosen durchzuhalten.

Dies ist wohl auch das persönliche Drama des unbeliebtesten Präsidenten der V. Französischen Republik. François Hollande hat das Land in der denkbar ungünstigsten Situation übernommen und versucht nun, Frankreich für die Zukunft fit zu machen, was er in seiner Ansprache auch deutlich sagte. Dazu gehören Dinge wie der Versuch, die französische Verwaltung, die zu den schwerfälligsten in ganz Europa zählt, zu reformieren, dazu gehört aber auch, eine Balance zwischen Reform und der deutschen Austerität zu finden – ein Drahtseilakt, um den man den französischen Präsidenten nicht beneiden kann.

Am unteren Ende der Einkommensskala dürfte man seiner Ansprache aufmerksam zugehört haben – Hollande versprach, die erste Stufe der Einkommenssteuer 2015 abzuschaffen, was Geringverdienern etwas Luft geben und auch die Binnennachfrage mit etwas Leben behauchen dürfte. Die Probleme des Landes wird das zwar noch nicht lösen, aber es wäre eine Geste, mit der Hollande seinen Wählerinnen und Wählern ins Gedächtnis rufen könnte, dass er einer „linken“ Regierung vorsteht. Was man im Jahr 2014 kaum erkennen konnte.

Der Rest der Ansprache waren viele schöne Worte, bei denen es um die Jugend, die Hoffnung, soziale Gerechtigkeit und so etwas wie „blühende Landschaften“ ging. Worauf Hollande allerdings überhaupt nicht einging, war die Energiewende, die uns am Oberrhein ganz besonders interessiert. Sein Wahlversprechen, die unsägliche Atomanlage in Fessenheim endlich zu schließen und in Zusammenarbeit mit den deutschen Partnern eine echte Energiewende einzuleiten, scheint in Vergessenheit geraten zu sein. Da kann man nur rätseln, ob ein französischer Präsident heutzutage nicht die Macht hat, eine solche Politik gegen den Staatsmonopolisten EdF durchzusetzen oder ob es ihm schlicht egal ist. Auf jeden Fall bleibt die Erkenntnis, dass Fessenheim wohl unter diesem Präsidenten nicht abgeschaltet wird. Und wir am Oberrhein können nur hoffen, dass sich Fessenheim nicht doch durch einen Unfall selbst abschaltet. Ansonsten, wie auch Hollande sagte – Vive la France!

1 Kommentar zu Was der französische Präsident seinen Landsleuten wünscht

  1. Monsieur le Président ist für mich eine der größten Enttäuschungen. Da hat ja unsere Merkel mehr drauf. Der kriegt innenpolitisch nichts geregelt und will außenpolitisch den kleinen Obama spielen. Seine spätkoloniale Politik, zusammen mit dem Putinbashing ist sehr unsozialistisch. Schade, er bekam bei mir viele Vorschusslorbeeren – nach dem Sarkotzi – zu unrecht.

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