Was die Nationalisten in der Geschichte geleistet haben

Kurz vor der Europawahl haben die Neonationalisten starken Rückenwind. Ein Blick darauf, was die Nationalisten aller Länder in der Vergangenheit geleistet haben, verbietet eigentlich jede Stimme für nationalistische Parteien. Denn geleistet haben sie - nichts.

Diesen Dominoeffekt wollen die Nationalisten erreichen - und haben schon längst damit angefangen... Foto: paraney / Wikimedia Commons / CC-BY-SA 4.0int

(KL) – In der Politik arbeitet man gerne mit Slogans und Begriffen, unter denen jeder etwas anderes versteht. Mit dem Begriff „Nationalismus“ verhält es sich ebenfalls so. Was die entsprechenden neonationalistischen Parteien mit dem Begriff „Nationalismus“ anstellen, ist eigentlich Etikettenschwindel. Oder aber, falls sie wirklich das meinen, was sie sagen, sollte man tunlichst vermeiden, diesen Parteien seine Stimme zu geben. Denn seit dem Aufkommen des Nationalismus im 19. Jahrhundert gibt es kein Beispiel, in dem nationalistische Kräfte irgendetwas Positives auf die Beine gestellt hätten.

Der „Nationalismus“ ist im Grunde eines der Ergebnisse der Französischen Revolution. Im ländlich geprägten Mittelalter bekam das Volk von den Manövern und Taktiken der Mächtigen zumeist nicht viel mit, es sei denn, die gerade regierenden Fürsten zogen in ihre Kriege und zwangen dafür die Landbevölkerung zum Dienst an der Waffe. Dabei gab es in dieser ländlichen Bevölkerung kaum so etwas wie „Nationalstolz“, man arbeitete und versuchte zu überleben und hatte mit „Politik“ nicht viel am Hut. Das erklärt auch die hohe Zahl an Söldnern, denen es letztlich egal war, für wen sie in den Krieg zogen.

Erst die Französische Revolution sorgte für so etwas wie ein nationales Wir-Gefühl – und die Ideen der Französischen Revolution reisten dann durch die Länder Europas, wurden in Deutschland begeistert von Dichtern wie Johann Gottfried Herder und Johann Gottlieb Fichte oder in Italien von Giuseppe Mazzini aufgenommen und weiter verbreitet. Doch diese Ideen, die gleichzeitig die Grundlage für die Entwicklung der modernen Demokratie brachten, führten eben auch zum Nationalismus, den der französische Publizist Charles Maurras mit dem Begriff „Integraler Nationalismus“ belegte – und diese Art Nationalismus wiederum wurde zur Legitimierung des Imperialismus herangezogen – und bildete so die Rechtfertigung für den Kolonialismus und den europäischen Imperialismus, der seinen Höhepunkt in der kranken Ideologie der Nazis und dem Konzept des „Übermenschen“ fand.

Dazu wurde der Nationalismus auch ein Instrument, um die eigene Bevölkerung zu disziplinieren. Denn wer die Überlegenheit der eigenen Nation auch nur in Frage stellte, wer beispielsweise den Rheinischen Humanismus und die Gleichheit der Menschen guthieß, machte sich automatisch des Landesverrats schuldig und musste mit entsprechenden Konsequenzen rechnen. Daran hat sich bis heute nicht viel geändert.

Wer in den Geschichtsbüchern nach Beispielen sucht, in denen nationalistisch eingestellte Regierungen etwas Positives geleistet hätten, der sucht vergeblich. Der Nationalismus ist der Gegenentwurf zum Rheinischen Humanismus, der Gegenentwurf zur Erklärung der Menschenrechte, ein Instrument zur Unterdrückung der eigenen Bevölkerung und die „Rechtfertigung“ für die Aggression anderer Länder und Völker und sogar von Bevölkerungsminderheiten im eigenen Land.

Überall dort, wo Nationalisten das Ruder übernahmen, erlebten die Menschen Katastrophen. Ob Nazis, Rote Khmer, die AKP Erdogans – niemals haben Nationalisten etwas für Frieden, Wohlstand und Völkerverständigung geleistet. Stattdessen haben sie unterdrückt, gefoltert, getötet und es ist im Grunde unglaublich, dass es im 21. Jahrhundert immer noch Menschen gibt, die Neonationalisten als potentielle Heilsbringer betrachten.

Der Chef der AfD Jörg Meuthen schwadroniert momentan bei jeder Gelegenheit von der „Festung Europa“ und meint damit die „Festung Deutschland“. Und dann? Sollen die Deutschen, sollen die Europäer als die vermeintlichen neuen „Übermenschen“ die Geschicke der Welt in die Hand nehmen? Das dann wohl doch lieber nicht…

Bei der Europawahl für nationalistische Parteien zu stimmen, das ist so ähnlich wie bei den Demonstrationen Ende der 70er Jahre gegen das geplante Atomkraftwerk in Wyhl am Kaiserstuhl. Damals demonstrierten zahlreiche Bauern gegen den geplanten Bau und hatten Schilder an ihren Traktoren angebracht, auf denen stand „AKW nein – CDU ja!“. Nur, die CDU war damals die Partei, die den Bau von Wyhl mit allen Mitteln durchsetzen wollte. Und genauso ist es auch heute: Man kann nicht für Völkerverständigung und Frieden in Europa sein und denen seine Stimme geben, die genau das Gegenteil zum Ziel haben.

Nach der Europawahl wäre es dann an der Zeit, sich einmal den Geschichtsunterricht in den europäischen Schulen anzusehen. Denn wenn so viele junge Menschen heute „Nationalismus“ wieder „cool“ finden, dann geht irgendetwas in der Schulbildung gerade richtig schief. Denken Sie darüber nach und zwar am besten, bevor Sie am Sonntag wählen gehen. Denn für „Wehret den Anfängen“ ist schon längst wieder zu spät…

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