Was genau will eigentlich Bruno Le Maire?

Der französische Finanzminister Bruno Le Maire hat der deutschen Politik die Leviten gelesen. Wohl hauptsächlich um davon abzulenken, dass gerade die französische Regierung implodiert.

Will Bruno Le Maire mit seinen Vorwürfen an Deutschland vom Chaos in der eigenen Regierung ablenken? Foto: European People's Party / Wikimedia Commons / CC-BY 2.0

(KL) – Es waren scharfe Worte, die der französische Finanzminister Bruno Le Maire für die deutsche Politik fand. In zwei Interviews mit der Süddeutschen Zeitung und Le Monde hatte er Deutschland dafür verantwortlich gemacht, dass die von Präsident Macron angekündigten europäischen Reformen nicht vorankommen. Zwar hatte er mit einigen seiner Punkte nicht Unrecht, doch insgesamt war dieses „Deutschland-Bashing“ wohl eher der Versuch, die Aufmerksamkeit vom Chaos in der eigenen Regierung abzulenken. Aber was genau will Bruno Le Maire?

Seine beiden Hauptforderungen könnten unterschiedlicher nicht sein. Zum einen fordert er, völlig zu Recht, dass bis Ende des Jahres die Besteuerung der Internet-Giganten auf europäischer Ebene festgeschrieben wird. Dies erfordert sicherlich auch eine klare und dynamische Haltung Deutschlands, doch nicht nur. Da sind noch 27 andere, die auch mitmachen müssen. Allerdings muss man Le Maire zugestehen, dass das Koalitionschaos in Berlin die deutsche Politik alles andere als handlungsfähig gemacht hat. Insofern, für diesen Punkt, ja – es wäre gut, wenn alle, also auch Deutschland, hier an einem gemeinsamen Strang ziehen würden.

Die zweite Forderung bezieht sich auf das den von Macron geforderte Eurozonen-Budget. Auch hier, so Bruno Le Maire, sollte Deutschland nun endlich Gas geben, denn, so der französische Finanzminister, ohne ein eigenes Eurozonen-Budget gäbe es schon bald keine EU und keinen Euro mehr. Allerdings hätte ihn einer seiner Berater darauf hinweisen können, dass der Vorschlag eines eigenen Eurozonen-Budgets in Berlin, ebenso wie in mindestens 8 weiteren EU-Ländern, auf wenig Begeisterung stößt. Will Macron ein solches Budget mit „mehreren hundert Milliarden Euro“ ausstatten, schlug Angela Merkel schmallippig vor, man können über „2 oder 3 Milliarden Euro“ nachdenken, wobei sie darauf hinwies, dass so etwas vom Bundestag abgesegnet werden müsste, wo es aller Voraussicht nach keine Mehrheit für dieses Projekt gibt. Insofern macht es wenig Sinn, wenn Bruno Le Maire nun derart auf den Tisch haut und Deutschland zur Eurozonen-Disziplin mahnt.

Oder doch, das Manöver von Bruno Le Maire hat einen Sinn: Solange die Franzosen auf sein Deutschland-Bashing schauen, achten sie nicht so sehr auf die Rücktritte aus der französischen Regierung, die Affären und die mittlerweile zum Dauerproblem gewordenen Beleidigungen der Franzosen durch ihren eigenen Präsidenten. Deutschland-Bashing ist da eine einfache Methode, die immer Claqueure findet. Allerdings lässt das Timing dieser Art der politischen Kommunikation in der aktuellen Wetterlage zwischen Paris und Berlin zu wünschen übrig. Zu einem Zeitpunkt, zu dem beide Länder versuchen, im Rahmen der Neufassung des „Elysee-Vertrags“ neue Impulse nach Europa zu senden, ist dieses mit dem Finger-aufeinander-Zeigen fast peinlich.

Aber sei’s drum, mit einem hat Bruno Le Maire natürlich Recht – die Länder Europas werden immer schwerer regierbar, der Aufstieg der neonationalistischen Populisten sorgt für immer schwierigere Regierungsbildungen und man hat immer mehr das Gefühl, dass der tatsächliche Handlungsspielraum der Politik immer enger wird. Doch dies wäre eigentlich der richtige Moment, konstruktiv miteinander umzugehen und diesen positiven Elysee-Prozess nicht unnötig durch solche Ablenkungsmanöver zu gefährden. Ob das wohl ein einmaliger Ausrutscher war?

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