Was ist denn nur in Frankreich los?

Die Proteste gegen die Benzinpreiserhöhung haben sich in Frankreich zu einer Mini-Volksbewegung ausgeweitet, die von Extremisten aller Art befeuert wird. Und der langsam die Puste ausgeht.

Ja, ja, alle sind friedlich und nett und wollen nur das Beste. 2 Tote und 500 Verletzte sprechen eine andere Sprache. Foto: Jean-Paul Corlin / Wikimedia Commons / CC-BY-SA 4.0int

(KL) – Nein, wir schreiben nicht das Jahr 1789. Nein, es findet keine „Französische Revolution 2.0“ statt. Doch das, was sich seit letzten Samstag auf Frankreichs Straßen abspielt, wird nun richtig peinlich. 2 Tote, über 500 Verletzte, zahlreiche Festnahmen, eine genervte Atmosphäre an den Punkten, an denen der Verkehr behindert wird, Ausländerfeinde, Antisemiten und andere gestörte Zeitgenossen, die diese „Bewegung“ unterstützen – Frankreich legt einen Kaltstart in den Winter hin.

Da nützt es wenig, dass sich empörte Protestler wie immer gegen die „Lügenpresse“ echauffieren (warum sollten sie das auch nicht tun, die „Pegida“ macht es in Deutschland ja auch nicht anders) und argumentieren, dass die wenigen „Ausrutscher“ keinesfalls eine ansonsten friedliche und korrekte Aktionsform diskreditieren. Doch die Antwort auf die Frage, ob diese „Ausrutscher“ (immerhin 2 Todesfälle und viele, viele andere Zwischenfälle) die „Gelben Warnwesten“ diskreditieren, das müssen sie schon anderen überlassen. Und ja, genau das tun diese „Ausrutscher“. Ausländerfeindliche und homophobe Zwischenfälle, Aggressionen an den Blockadestellen, Drohungen und Konfrontationen – langsam bröckelt nun auch die Unterstützung für die Demonstranten, deren konfuse Forderungen von niemandem getragen werden.

Immerhin – ein Teil der französischen Bevölkerung hat die Nase voll. Von Steuern, von sinkender Kaufkraft, von der Angst vor Arbeitslosigkeit und sozialem Abstieg, von der Sorge um die Zukunft, von allem. Das ist nachvollziehbar, auch, wenn solche Äußerungen in Ländern wie den unseren nicht viel mehr sind als Jammern auf höchstem Niveau. Man sollte aber nicht vergessen, dass diese Menschen in Gelb nicht etwa für bessere Bildung, Umweltschutz, Frieden oder eine solidarische und soziale Gesellschaft demonstrieren, sondern für einen geringeren Benzinpreis. Es geht also darum, dass man zu günstigeren Preisen weiterhin die Umwelt belasten und nachhaltig schädigen möchte. Die „Revolution des Geldbeutels“ verfolgt keine höheren Ziele, sondern lässt sich, zusammen mit der Forderung, die Absenkung der zulässigen Höchstgeschwindigkeit auf Landstraßen von 90 km/h auf 80 km/h wieder zurückzunehmen, klingt nach der alten ADAC-Devise „Freie Fahrt für freie Bürger“.

Doch 2018 ist nicht 1789, die Demonstranten in Gelb wollen Dampf ablassen, nicht aber das Land revolutionieren. Es ist der „Aufstand der Beleidigten“, also all derer, die der französische Präsident Emmanuel Macron seit seinem Amtsantritt im Sommer 2017 beleidigt und geringgeschätzt hat. Und das sind, bis auf eine Handvoll Superreiche, so ziemlich alle in Frankreich. Das diese permanente und offen geäußerte Geringschätzung („Die Gallier sind ein Volk, das ständig nur meckert…“) nun zu Reaktionen führt, ist verständlich, doch in der aktuellen Form wenig zielführend. Im Gegenteil.

Die Fernsehbilder von angetrunkenen, großmäuligen und aggressiven Demonstranten erledigen dann den Rest. Und bevor aus den „Gilets jaunes“ so etwas wie eine ernstzunehmende Bewegung entstehen kann, zersetzt sie sich von innen, wie bereits vor kurzer Zeit die Jugendbewegung „Nuit debout“, die nach wenigen Tagen ebenfalls an sich selbst scheiterte.

Bis jetzt gibt es eigentlich keine ernstzunehmende Forderung der Demonstranten, die „Gilets jaunes“ haben keine Struktur und damit auch keine Ansprech- oder Verhandlungspartner und angesichts der immer aggressiveren Stimmung ist es an der Zeit, dass der Staat so reagiert wie am Mittwochnachmittag an der Mautstelle Schwindratzheim nördlich von Straßburg. Dort tauchten dann in ausreichender Zahl Polizisten auf und beendeten die „Operation kostenlose Autobahn“ der Demonstranten. Und schickten sie nach Hause.

Es ist an der Zeit, dass diesem Spuk ein Ende gesetzt wird. Nein, es ist keine „nette Art“, der Regierung den Stinkefinger zu zeigen. Es hat bisher 2 Tote und mehr als 500 Verletzte gegeben. Die kann man nicht damit wegdiskutieren, dass man sagt, dass der „überwiegende Teil“ der Demonstranten friedlich und höflich sei. So, wie sich die Situation entwickelt, interessiert das nämlich niemanden mehr.

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