Was ist nur in den französischen Stadien los?

Seit der Liga-Betrieb mit Zuschauern wieder gestartet ist, wird der französische Fußball ein ums andere Mal durch gewalttätige Zwischenfälle erschüttert. Aber warum?

Dimitri Payet bekommt auf und neben dem Platz eine Menge Angriffe ab... Foto: Werner100359 / Wikimedia Commons / CC-BY-SA 4.0int

(KL) – Es war am Wochenende, beim Spiel Olympique Marseille gegen Olympique Lyonnais, ein Klassiker im französischen Fußball. Gerade mal 4 Minuten waren gespielt, als Nationalspieler Dimitri Payet einen Eckball ausführen wollte. Doch dazu kam es nicht. Aus dem Zuschauerblock flog eine Flasche, die Payet am Kopf traf. Der Spieler musste mehrere Minuten lang behandelt werden, bevor Schiedsrichter Ruddy Buquet die Mannschaften in die Kabine schickte und nach zwei Stunden endlosen Palavers die Partie dann offiziell abbrach. Obwohl das Spiel erst 4 Minuten alt war, hatte es bereits heftige, rassistische Beleidigungen gegen Payet gegeben.

Dimitri Payet ist bei Hooligans aufgrund seines Temperaments eine „Zielscheibe“. Bereits im August war Payet beim Spiel OGC Nizza ebenfalls von einer Flasche getroffen worden, nur hatte der Nizzaer Flaschenwurf nicht so heftige Folgen. Payet sammelte das Wurfgeschoss auf und schleuderte es zurück in den Zuschauerblock, was ihm damals ein Spiel Sperre einbrachte. Und OGC Nizza musste sein nächstes Heimspiel ohne Zuschauer austragen.

Diese Zwischenfälle sind keine Einzelfälle. Im September kam es beim Spiel RC Lens gegen Meister OSC Lille zu Ausschreitungen zwischen den „Fans“, was ebenfalls zu einer Spielunterbrechung führte und auch damals stand das Spiel ganz knapp vor dem Abbruch.

Dazu kommen immer zahlreichere Berichte über Aggressionen auch im Amateurbereich. Schiedsrichter werden Opfer von Gewalt, Spieler werden angegriffen und verletzt und die Gewalt scheint einen neuen Einzug in den französischen Fußball gehalten zu haben. Ist diese Gewalt der Ausdruck für die hohe Spannung, die gerade in der französischen Gesellschaft herrscht? Ein Ventil nach zwei Jahren der Pandemie? In der Gruppendynamik und dem Gefühl der Anonymität im Zuschauerblock?

Der französische Verband FFF wird sich mit dieser Frage beschäftigen müssen, denn der Anstieg der Gewalt in den Stadien ist nicht hinnehmbar. Für die Vereine ist diese Entwicklung sehr ungut, denn immer mehr Fans fragen sich beispielsweise, ob es noch „sicher“ ist, mit Kindern ins Stadion zu gehen.

Doch Appelle und gut gemeinte Richtlinien scheinen momentan nicht auszureichen. Der FFF wird kaum umhin kommen, weiterhin heftige Sanktionen für die betroffenen Vereine auszusprechen, die dafür zu sorgen haben, dass sich ihre „Fans“ vernünftig benehmen. Der Flaschenwurf gegen Dimitri Payet erinnert an eine unschöne Szene im alten Freiburger Dreisamstadion, als ein ebenso verrückter „Fan“ Oliver Kahn einen Golfball an den Kopf geworfen hatte. Solche Zwischenfälle fallen in die Kategorie „geht gar nicht“ und alle Beteiligten, Verbände, Vereine und Fans müssen zusammenarbeiten, um diese Eskalation der Gewalt in den Stadien ganz schnell wieder einzudämmen und zu beenden.

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