Was nun, Jogi?

Nach der 1:2-Niederlage in der WM-Qualifikation gegen Nord-Mazedonien steht der deutsche Fußball vor einem Scherbenhaufen. Was kann Jogi Löw vor seinem Abschied noch bewirken?

Der wohl schönste Tag in der Trainer-Karriere des Jogi Löw - der Gewinn der WM 2014 in Brasilien. Foto: Agência Vrasil / Wikimedia Commons / CC-BY-SA 3.0br

(KL) – Eigentlich hatte Deutschland bei der Auslosung der Qualifikationsgruppen für die unglückselige WM in Katar Glück gehabt. In der Gruppe J trifft das Team von Jogi Löw auf Armenien, Nord-Mazedonien, Rumänien, Island und Liechtenstein. Eine Pflichtaufgabe, könnte man meinen. Nur, nach drei Spieltagen führt nicht etwa die DFB-Auswahl die Tabelle der Gruppe J an, sondern der 99. Der FIFA-Weltrangliste Armenien.

Nach den ersten beiden Spielen in dieser Qualifikationsgruppe, einem ordentlichen 3:0 gegen Island und einem eher mühsamen 1:0 gegen Rumänien dachte man eigentlich, dass Jogis Truppe die 0:6-Klatsche gegen Spanien aus dem letzten Jahr verarbeitet hätte. Doch ganz offensichtlich ist dem nicht so. Wer mit 1:2 gegen den 65. Der Weltrangliste verliert, der muss sich ernsthaft fragen, ob er einen Platz bei einer WM verdient hat. Und so drängt sich die Erkenntnis auf, dass der Generationswechsel in der deutschen Nationalmannschaft nicht funktioniert. Das ist schon fast tragisch – Weltmeister-Trainer Jogi Löw ist an der Aufgabe gescheitert, die nächste Generation junger deutscher Kicker auf internationales Niveau zu bringen.

Aber woran liegt dieser Niedergang des deutschen Fußballs? Das Phänomen ist nur schwer zu erklären, denn an Talenten mangelt es nicht. Eine ganze Generation Nachwuchs-Kicker ist am Start, von denen viele bereits in jungen Jahren in großen, internationalen Vereinen spielen. Timo Werner, Kai Havertz, Antonio Rüdiger beim FC Chelsea, Kimmich, Goretzka, Sané, Gnarby beim Bayern München und so weiter – von „Nachwuchskräften“ kann man da wohl kaum sprechen. Dazu ist das DFB-Team traditionell auf Schlüsselpositionen gut besetzt – bei der Torwartfrage hat Jogi Löw die Qual der Wahl zwischen Manuel Neuer und dem FC Barelona-Keeper Marc-André Ter Stegen (und dahinter hoffen noch vier oder fünf weitere Keeper auf ihre Chance, die in vielen anderen Nationalmannschaften die Nummer 1 wären), dazu kommt noch eine Reihe Spieler, die erfahren sind und ebenfalls alle zwei Wochen international spielen, wie Toni Kroos (Real Madrid) oder der seit Monaten in Topform spielende und von Jogi Löw weiterhin verschmähte Thomas Müller. Am Personal kann es eigentlich nicht liegen, dass die Mannschaft einfach nicht mehr funktioniert.

Liegt es am Ende doch am Trainer? An falscher Taktik, mangelnder Ansprache an das Team? Das Chaos in der DFB-Spitze reicht als Erklärung nicht aus – die jungen Multimillionäre sollten eigentlich in der Lage sein, 90 Minuten lang Verbandsstress auszublenden und ihrem Beruf nachzugehen. Oder befinden wir uns schlicht und ergreifend am Ende eines Zyklus und müssen nun geduldig abwarten, bis wieder bessere Tage kommen?

17 Jahre lang stand Jogi Löw an der Spitze der Nationalmannschaft. Dabei verbuchte er enorme Erfolge, von denen die Krönung der Gewinn der WM 2014 in Brasilien war. Doch jetzt, auf der Zielgeraden, geht ihm und seinem Team die Puste aus. Der Abschluss seiner Karriere als Bundestrainer soll die für den Sommer geplante EM in ganz Europa sein. Es könnte sogar sein, dass sich die Nationalmannschaft für dieses Turnier qualifiziert. Aufgrund der Pandemie könnte es aber auch für die EM Änderungen geben. Und plötzlich stellt man sich die Frage, ob es nicht für alle Beteiligten beim DFB besser wäre, würde diese EM pandemiebedingt abgesagt werden. Das würde dem Team dann Gelegenheit geben, sich auf die Hammerspiele in der WM-Qualifikation gegen Liechtenstein vorzubereiten. Denn die werden schon schwer genug werden…

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