Was war das noch mit dem Impfpass?

Die französische Regierung schafft rechtzeitig zu den Präsidentschaftswahlen die sanitären Maßnahmen ab – und verschärft mit dem Impfpass gleichzeitig den Druck auf die Ungeimpften.

Impfpässe gibt es in vielen Ländern (hier in Italien). Aber eine sanitäre Wirkung haben diese Pässe nicht. Foto: Città di Parma / Wikimedia Commons / CC-BY-SA 2.0

(KL) – Die Covid-Inzidenz in Frankreich betrug gestern über 3200. Mitten in der aktuellen „Welle“ verkündet die Regierung die schrittweise Aufhebung der sanitären Maßnahmen bis zur Präsidentschaftswahl, zieht aber gleichzeitig die Daumenschrauben mit dem Impfpass an, dessen Sinn immer unklarer wird. Um eine sanitäre Maßnahme handelt es sich beim Impfpass allerdings nicht.

Mitten hinein in die aktuelle Welle, die weit, weit davon entfernt ist das Ende der Pandemie einzuleiten, versuchen viele Regierungen, dieses seit über zwei Jahren andauernde Problem per Dekret für beendet zu erklären. In Frankreich ist das Timing auf die anstehenden Präsidentschaftswahlen terminiert, denn für diese Wahlen ist es natürlich prächtig, wenn man sich als der „Bezwinger des Virus“ feiern kann. Das ist zwar inhaltlich mehr als fragwürdig, aber noch nachvollziehbar.

In Großbritannien ist es ja auch nicht anders, wo ein Boris Johnson, gegen den gerade seine eigene Partei rebelliert, ebenso verfährt und die Pandemie einfach für beendet erklärt. Nur – wenn man schon die Pandemie für beendet erklärt, sämtliche sanitären Maßnahmen abschafft, was soll dann in Frankreich die Verschärfung des „Sanitär-Passes“, der in einen „Impfpass“ umetikettiert wird?

Angesichts der Tatsache, dass der „Impfpass“ ebenso wenig Auskunft über den aktuellen Infektionsstatus des Inhabers gibt wie der „Sanitär-Pass“, also keinerlei sanitäre Auswirkung haben kann, drängt sich der Gedanke auf, dass es sich einzig und allein um ein Instrument der digitalen Überwachung der Bevölkerung handelt. Bereits vor der Entscheidung, diese Umstellung auf einen „Impfpass“ zu vollziehen, begannen in der Politik die Diskussionen, wie man diesen „Impfpass“ noch erweitern könnte und welche zusätzlichen Funktionen man ihm geben könnte.

Diese Entwicklung ist bedenklich. Wenn die französische Regierung der Ansicht ist, dass die Pandemie für beendet erklärt werden kann, warum dann überhaupt ein „Impfpass“, der ohnehin keine sanitäre Wirkung entfalten kann? Warum die gesamte Bevölkerung unter Vollkontrolle stellen, warum ein System der ständigen Überprüfung einführen, bei dem auch noch Gastronomen, Kinobetreiber, Konzertveranstalter und viele andere zu einer Art „Hilfs-Sheriffs“ gemacht werden, die für den Staat Kontrolldienste übernehmen sollen?

Und, nebenbei gefragt, warum hört niemand die Aussagen des US-Immunologen und Präsidentenberaters Anthony Fauci, der offen kritisiert hat, dass die Länder alle ihre eigenen, nicht abgestimmten Strategien verfolgt haben, von denen keine funktioniert hat?

Das Ziel der französischen Regierung ist klar: Man will sich als „Retter der Nation“ darstellen, aber gleichzeitig diese Nation unter Totalüberwachung stellen. Das ist eine Entwicklung, die Frankreich nicht würdig ist. Das Land, das seit Jahrhunderten der „Hort der Menschenrechte“ ist, verwandelt sich schrittweise in das „China Europas“, indem es offenbar wichtig ist, jeden einzelnen Bürger bis hinein in die Privatsphäre zu kontrollieren. Ob die Franzosen bei den anstehenden Wahlen diese Entwicklung stoppen, indem sie den Architekten des „digitalen Totalitarismus“ das Mandat entziehen?

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