Was weiß der „Tiergartenmörder“ aus Berlin?

Ein umfangreicher Gefangenenaustausch zwischen Russland und dem Westen fand gestern statt. Im Mittelpunkt des russischen Interesses, der Berliner „Tiergarten-Mörder“ Vadim Krassikow.

Auch der Oppositionelle Wladimir Kara-Murza fand gestern die Freiheit wieder. Foto: Jindřich Nosek (NoJin) / Wikimedia Commons / CC-BY-SA 4.0int

(KL) – Seit Monaten versucht die internationale Gemeinschaft die Freilassung des amerikanischen Journalisten Evan Gershkovich, des Oppositions-Politikers Wladimir Kara-Murza und auch den US-Soldaten Paul Whelan zu erreichen. Vergeblich. Und jetzt ging plötzlich alles sehr schnell. Alle drei kommen im Austausch gegen den „Tiergarten-Mörder“ Vadim Krassikow frei, der im Berliner Tiergarten kaltblütig einen georgischen Oppositionellen ermordet hatte.

Insgesamt sind 26 Gefangene über die Türkei ausgetauscht worden, davon 10 im Westen inhaftierte Russen, wobei offensichtlich Moskaus Hauptinteresse dem „Tiergarten-Mörder“ Vadim Krassikow gilt. Umgekehrt werden nicht nur die drei Genannten aus russischer Haft entlassen, sondern auch weitere Oppositionelle und auch der in Belarus zunächst zum Tode verurteilte Deutsche Rico Krieger. Dass sich Putin diesen Austausch gleich mehrere politische Gefangene kosten lässt, gegen die bisher mit unglaublicher Härte vorgegangen wurde, wirft Fragen auf.

Abgesehen davon, dass man sich über jeden freigelassenen politischen Gefangenen freuen kann, wundert man sich doch über den Preis, den Putin für den „Tiergarten-Mörder“ zahlt, der nach offiziellen Angaben keinerlei Angaben über die Hintermänner dieses Mordes machte. Wollte Putin verhindern, dass Vadim Krassikow, der zu lebenslanger Haft verurteilt wurde und nichts mehr zu verlieren hat, am Ende doch auspackt? Und erzählt, dass er auf Anweisung des Kremls gehandelt hat?

Immerhin, Gershkovich, Kara-Mursa und Whelan können nun schon nicht mehr das Schicksal des Putin-Gegenspielers Alexej Nawalny erleiden, der „plötzlich und unerwartet“ in der sibirischen Lagerhaft starb. Doch offensichtlich könnte es sich lohnen, den Fall von Vadim Krassikow noch einmal nachzuermitteln, denn wenn der Kreml einen so hohen Preis für dessen Austausch zahlt, dann muss es dafür einen Grund geben. Weiß der Mann zuviel? Könnte er Informationen über russische Spionage- und Anschlag-Netzwerke in Deutschland preisgeben? Erfahren werden wir das wohl nie…

Aber heute kann man sich erst einmal freuen, dass zahlreiche zu Unrecht in Russland inhaftierte Oppositionelle, Journalisten und andere Personen wieder in Freiheit sind. Aber warum Putin ein derartiges Interesse an der Rückführung von Vadim Krassikow hatte, ist zumindest seltsam.

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