Was würde Mister Spock empfehlen?

Es wird Zeit, den Ukraine-Krieg und seinen weiteren Verlauf kühl zu analysieren, wie es der Vulkanier Mister Spock tun würde. Denn dieser Krieg kann sich blitzartig in einen Flächenbrand ausweiten.

Wie würde wohl der Vulkanier Mister Spock den weiteren Verlauf des Ukraine-Kriegs bewerten? Foto: NBC Television / Wikimedia Commons / PD

(KL) – In der TV-Serie „Raumschiff Enterprise“ gehört das nüchterne, logische Denken zur Natur der Vulkanier, wie es Mister Spock einer ist, der Wissenschaftsberater und Erster Offizier des Raumschiffs. Wann immer die „Enterprise“ in brenzlige Situationen in den Weiten des Weltraums gerät, ist es der Vulkanier Mister Spock, der als erster eine nüchterne Analyse der Situation und der Optionen präsentiert. So wie Mister Spock sollte man jetzt auch den weiteren Verlauf des Ukraine-Kriegs und seines Potentials analysieren und daraus die Folgerungen für das weitere Vorgehen ziehen.

Wenn man einmal die Propaganda auf beiden Seiten wegkürzt, dafür aber Parameter wie den aktuellen Frontverlauf anschaut, dann erkennt man, dass die Rote Armee zwar deutlich langsamer, mühseliger und unter hohen Verlusten diejenigen Regionen erobert, auf die es Russland abgesehen hat, und dass sich die russische Armee wie eine Krake langsam vorwärts bewegt, langsamer als geplant, aber unaufhaltsam. Ein breiter Streifen der Ostukraine ist unter russischer militärischer Kontrolle und das Vorrücken der Roten Armee wird von einer nicht aufhörenden Bombardierung der ukrainischen Städte begleitet. Dabei ist die Eroberung mörderisch und zerstörerisch, bereits nach „nur“ drei Monaten Krieg ist klar, dass der Wiederaufbau Jahre und Jahrzehnte dauern wird und praktisch nicht zu finanzieren ist.

Dazu birgt die Lage auch das Potential, sich schlagartig zum Flächenbrand auszudehnen. Die möglichen weiteren Konfliktherde sind zahlreich. Im Norden der Ukraine verkündet der belorussische Diktator und Marionette Putins, Alexander Lukaschenko, dass er im Süden seines Landes, also an der ukrainischen Grenze, neue Militärstrukturen mit „auf die Ukraine gerichteten“ Raketen einrichten will. In der georgischen Teilrepublik Süd-Ossetien wollen die pro-russischen Separatisten ein Referendum über die künftige Zugehörigkeit zur Russischen Förderation abhalten. Und das dann sicherlich auch militärisch vom großen Bruder „absichern“ lassen. Ebenso abtrünnig ist die moldavische Region Transnistrien, die sich für unabhängig erklärt hat, aber ebenso wie Süd-Ossetien international nicht anerkannt ist. Transnistrien stellt für Russland eine geeignete Lage dar, um einerseits im Westen Moldavien zu bedrohen und andererseits nach Nordosten zur Umzingelung der Südukraine beizutragen. Aufmerksam hinhören sollte man auch bei den Drohungen von Putins Wadenbeisser, dem Tschetschenen Ramsan Kaydrow, wenn dieser im Ton eines Schulhofschlägers Polen droht.

Der dritte Parameter, den Mister Spock berücksichtigen würde, ist die wirtschaftliche Katastrophe samt ihrer Folgen, die bereits drei Monate Krieg angerichtet haben und zwar in der ganzen Welt. Die Weltwirtschaft ist aus den Fugen geraten, Rohstoffe werden knapp, Liefer- und Produktionsketten funktionieren nicht mehr, die Inflation, also die Verbraucherpreise explodieren, was zwangsläufig zu massiven sozialen Konflikten und auch steigender Gewalt innnerhalb der Gesellschaften führen wird und es wird lange Jahre brauchen, hier wieder ein Gleichgewicht herzustellen. Die explodierenden Preise und Verfügbarkeitsausfälle von Grundnahrungsmitteln führen zu Hungersnöten, beispielsweise in Afrika. Und das sind nur einige der Parameter, die Mister Spock analysieren würde.

Die Kriegsparteien verkünden beide, dass der Krieg noch „lange dauern“ würde. Je länger er aber dauert, desto mehr verschlimmern sich die Konsequenzen, die bereits jetzt, nach drei Monaten, weltweit katastrophal sind.

Da Mister Spock die Zahlen hochrechnen kann, die ein solcher Krieg am Ende kosten wird, an menschlichen Opfern, an wirtschaftlichen Schäden, an nicht umkehrbaren Umweltschäden, dürfte er den vierstufigen italienischen Friedensplan unterstützen, der bei der UNO vorliegt. Denn auch dieser Krieg wird eines Tages ein Ende haben, das hoffentlich nicht so aussieht, dass unser Kontinent auf Jahrhunderte nicht mehr bewohnbar ist. Dann wird genau so verhandelt werden müssen, wie man das jetzt auch tun sollte, inklusive des ersten Schritts Waffenstillstand (auch, wenn den momentan weder Putin noch Selensky wollen) und als vierten Schritt, eine Neuordnung der Sicherheits-Architektur im europäisch-asiatischen Raum.

Laut Mister Spock würde es Sinn machen, diesen Krieg jetzt zu stoppen, bevor die verursachten Schäden auf Generationen hinaus nicht behoben werden können und jetzt die Verhandlungen zu führen, die man ansonsten später führen müsste. Genau das hat Italien in seinem Friedensplan vorgeschlagen. Diesen ernsthaft zu diskutieren würde logischer sein als sich weiter gegenseitig umzubringen und dabei das ohnehin wackelige Weltgleichgewicht komplett zum Einsturz zu bringen. Aber Mister Spocks Meinung dürfte zwischen den momentanen Kriegs- und Erfolgsmeldungs-Narrativen kaum gehört werden.

2 Kommentare zu Was würde Mister Spock empfehlen?

  1. Gabriele Kammerer // 27. Mai 2022 um 22:03 // Antworten

    Mr.Spock: meine terrestrische Unterstützung haben Sie!

    Vielleicht: gibt es ja noch viele viele mehr.

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