Weihnachtsmärkte – das große Fragezeichen

Wenige Tage vor der geplanten Eröffnung der Weihnachtsmärkte herrscht große Unsicherheit. Die einen werden abgesagt, die anderen ändern das Format und wieder andere ziehen ihr Ding durch.

In Deutschland werden die ersten Weihnachtsmärkte bereits abgesagt - und im Elsass? Foto: Eurojournalist(e) / CC-BY-SA 4.0int

(KL) – Die Absage des Münchner Weihnachtsmarkts, immerhin mit 2 Millionen Besuchern jährlich einer der größten weltweit, war wir ein Schock. Dabei kam diese Absage nicht ganz unerwartet, immerhin hatte auch schon Sachsens Minister-Präsident Michael Kretschmer bereits laut über die Möglichkeit der Absage des Dresdner Weihnachtsmarkts nachgedacht. Anderswo geht man mit der Thematik anders um: In einigen Städten plant man „abgespeckte“ Ausgaben des Weihnachtsmarkts, in anderen Städten versucht man, den Weihnachtsmarkt zu „entzerren“ und in vielen, vor allem kleineren Orten, macht man es wie in München – man sagt den Weihnachtsmarkt ab.

Dass die ersten Absagen vor allem aus Bayern und Sachsen kommen, ist wenig verwunderlich. Zusammen mit Thüringen liegen diese Bundesländer an der traurigen Spitze der aktuellen Inzidenzen (alle über einer Inzidenz von mindestens 500, in einigen Landkreisen weit über 1000) und die Durchführung einer in letzter Konsequenz nicht kontrollierbaren Massenveranstaltung läuft der aktuellen Entwicklung entgegen. Laut Aussagen aller führenden Virologen befinden wir uns immer noch erst am Anfang der neuen, sehr heftigen „Welle“, deren Höhepunkt rund um Weihnachten erwartet wird. Unter solchen Konditionen eine Veranstaltung zu organisieren, bei der unzählige Menschen Glühwein trinken, sich in den Armen liegen, singen und sich über eine vermeintliche „Normalität“ freuen, ist ziemlich unverantwortlich.

Dass es zu dieser Frage keine bundeseinheitliche Regelung gibt, ist unverständlich. Während einerseits die Zahlen explodieren und man über immer schärfere Maßnahmen nachdenkt, ist es nicht zielführend, die Entscheidung über die Durchführung der Weihnachtsmärkte den lokal Verantwortlichen zu überlassen. Die Bürgermeister, Landräte, Landesregierungen haben verständlicherweise ihre Wählerschaft im Blick und wollen eine erneute Frustration in der Bevölkerung und wirtschaftliche Schäden für ihre Städte und Kommunen vermeiden . Nur – zu welchem Preis?

Dort, wo die Weihnachtsmärkte beibehalten werden, bastelt man gerade an verschiedenen „Maßnahmen“, mit denen der Besuch dieser Weihnachtsmärkte zu einem positiven Erlebnis werden soll. Doch leider ist auch das Augenwischerei. So sollen bei fast allen stattfindenden Weihnachtsmärkten strenge 2G-Regeln für den Zugang gelten, beispielsweise auch in Freiburg, wo denjenigen, deren Gesundheits- und Impf-Status kontrolliert wurde, ein Plastikarmband umgelegt wird, das als Nachweis dient, ohne den man keine Currywurst und keinen Glühwein bekommt. Es sei denn, man kauft die Currywurst oder den Glühwein für den Verzehr außerhalb der Standzone. Dafür reicht dann ein 3G-Nachweis (der allerdings gar nicht ausreicht, um überhaupt auf der Areal des jeweiligen Weihnachtsmarkts zu kommen…). Das verspricht einen lustigen Weihnachtsmarkt mit Freunden und Verwandten…

Doch auch die 2G-Formate, die auf den stattfindenden Weihnachtsmärkten herrschen, sind trügerisch. Denn die beiden „G-Gruppen“, die zugelassen sind, können nicht als „sicher“ betrachtet werden, denn sie sind es nicht. Sie glauben es lediglich, nachdem man ihnen während langer Monate eingetrichtert hat, dass die Impfung „Sicherheit“ brächte. Fakt ist, dass jede Menge geimpfte, aber schon lange nicht mehr getestete Personen auf den Weihnachtsmärkten unterwegs sein werden, die dort nicht nur ihr Geld an den Ständen lassen werden, sondern auch das Virus, das sie unwissentlich in sich tragen.

Wie seit bald zwei Jahren steht wir wieder vor der Frage: Gesundheit oder Wirtschaft? - Und nach wie vor gibt es keine zufriedenstellende Antwort auf diese Frage. Nur – es ist schwierig, die aktuelle Explosion der Zahlen einfach zu ignorieren. Nicht nur in Deutschland, auch in anderen Ländern verzeichnet man momentan die höchsten Infektionszahlen seit Beginn der Pandemie, der offiziell auf den März 2020 verortet wird, auch wenn wir heute wissen, dass das Virus bereits mindestens seit Dezember 2019 zirkulierte. Angesichts dieser explodierenden Zahlen und den Aufrufen der Politik, nach Möglichkeit Kontakte zu vermeiden, ist die Durchführung von Massenveranstaltungen hochgradig verantwortungslos.

Dabei verweisen die einen auf die anderen und auch das ist nachvollziehbar. Wie will man einem Münchner Standl-Betreiber klarmachen, dass sein Weihnachtsmarkt ausfällt, wo doch am letzten Wochenende Hunderttausende im Rheinland Karneval feierten und zu dieser Gelegenheit sogar sämtliche sanitären Maßnahmen für das Wochenende außer Kraft gesetzt wurden?

Im Grunde brauchen wir gar nicht mehr von einer „europäischen Strategie“ zu träumen, oder gar von einer kontinentalen Harmonisierung der Maßnahmen. Wir schaffen es ja noch nicht einmal, eine gemeinsame und konsequente Linie zwischen 16 Bundesländern hinzubekommen.

Ob die jeweiligen Weihnachtsmärkte stattfinden oder ebenfalls abgesagt werden, muss man tagesaktuell in den jeweiligen Regionen abfragen. Und abgesehen davon, dass die stattfindenden Weihnachtsmärkte außerordentlich seltsam sein werden, wird einem jetzt schon mulmig, wenn man sich vorstellt, wie sich die Pandemie dann Ende Dezember / Anfang Januar präsentieren wird.

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