Wenn aus der Aussöhnung gemeinsame Gedächtnisarbeit wird…

Die Straßburger Stiftung „Fondation Entente Franco-Allemande“ engagiert sich an der Seite des oberelsässischen Tourismus für das „Historial“ auf dem Hartmannwillerkopf.

Jean Klinkert und Jean-Georges Mandon nach der Unterzeichnung der Vereinbarung in Colmar. Foto: Eurojournalist(e)

(WB) – Als am Freitag der Vertrag über die Beteiligung der Straßburger Stiftung „Fondation Entente Franco-Allemande“ (FEFA) am neuen „Historial“ auf dem Hartmannwillerkopf bei Cernay im Oberelsass in Colmar unterzeichnet wurde, sagte der Chef des oberelsässischen Tourismus Jean Klinkert einen wunderschönen Satz: „Wir kommen nun in die dritte Phase der deutsch-französischen Beziehungen nach dem II. Weltkrieg. Zuerst waren da die Wunden, dann kam die Aussöhnung und nun kommt die gemeinsame Gedächtnisarbeit!“ Wenig erstaunlich, dass sich die FEFA an dieser dritten Phase ebenso beteiligt, wie sie sich an den vorherigen Phasen ausgezeichnet hat.

Für den Präsidenten der FEFA, den Diplomaten Jean-Georges Mandon, war diese finanzielle Beteiligung an dem „Historial“, das bis 2017 fertig gestellt werden und ein pädagogischer und interaktiver Ort sein soll, an dem sich vor allem Jugendliche mit dem Schrecken des Kriegs auseinandersetzen werden, eine leichte Entscheidung. „Wir sind dort präsent, wo sich junge Deutsche und Franzosen begegnen und gemeinsam an einer deutsch-französischen Zukunft arbeiten“, sagte Mandon, der darauf hinwies, dass die finanzielle Beteiligung der FEFA ebenso hoch ist wie die des Auswärtigen Amts in Berlin.

Der Hartmannwillerkopf, dieser Berg, der im I. Weltkrieg Schauplatz eines fürchterlichen Stellungskrieg war, bei dem 30.000 junge Deutsche und Franzosen ihr Leben ließen, wird seitdem „der Menschenfresser“ genannt. Und in der Tat, auf diesem Berg, auf dem in einer Krypta die Gebeine von 12.000 Soldaten gemeinsam ruhen, die nach dem Krieg nicht identifiziert werden konnten und den der französische Präsident François Hollande bei der Grundsteinlegung für diese neue Gedenkstätte „einen Ort der gemeinsamen Trauer“ nannte, erfahren die Besucher, wie der I. Weltkrieg tatsächlich war. Nicht heroisch, nicht jubelnd, sondern matschig, grausam und angsteinflößend. Denn die Schützengräben, die man heute noch sieht, befinden sich teilweise nur 10 Meter voneinander entfernt und wenn man hier steht, sich vorstellt, wie die jungen Leute ihre „Feinde“ ein paar Meter weiter reden hörten, dann begreift man, wie elend das Sterben auf dem Hartmannwillerkopf war.

Dass wir heute, im Jahr 2015, 101 Jahre nach dem Beginn des I. Weltkriegs, so weit gekommen sind, dass sich Deutsche und Franzosen gemeinsam erinnern, gemeinsam trauern können, ist enorm. Und es ist kein Zufall, sondern das Ergebnis der kontinuierlichen Arbeit engagierter Menschen, die sich trotz der Kriege weigerten, die Propaganda anzunehmen, wie den Menschen einst suggerierte, dass man einander Feind sei. Die FEFA und ihr Team gehört zu diesen Menschen und die Arbeit an konkreten Projekten, die in das Leben und den Alltag der Menschen hinein wirken, ist ein großer Beitrag dazu, dass wir heute gemeinsam mit dieser dritten Phase beginnen können, wie es Jean Klinkert ausdrückte.

Der Vertrag, zu dessen Unterzeichnung auch der Freiburger Kultur- und Sozialbürgermeister Ulrich von Kirchbach (Vizepräsident der FEFA) und der französische Regionalrat Jean-Paul Omeyer angereist waren, fixiert das Engagement der Stiftung für dieses einmalige „Historial“, das kommenden Generationen veranschaulichen kann, dass Krieg nichts ist, was man daheim auf der Spielekonsole erlebt und bei Bedarf einfach ausschalten kann, sondern dass Krieg das Schlimmste ist, was der Mensch erleben kann. Und – dass Deutsche und Franzosen gemeinsam daran arbeiten müssen, dass der Frieden zwischen beiden Ländern von Dauer ist. Denn das ist nicht etwa eine Selbstverständlichkeit, sondern dieser Frieden muss tagtäglich neu gepflegt werden. Das „Historial“ auf dem Hartmannwillerkopf ist dabei nur eines von vielen Elementen, die dazu beitragen. Ein ganz wichtiges.

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