Wenn „Big Brother“ auch einmal Sinn macht…

Das Europäische Parlament hat das PNR beschlossen, das Register von Fluggastdaten. Das ist zwar ein wenig „Big Brother“, aber auch sinnvoll im Kampf gegen den Terrorismus.

Fluggastdaten werden künftig zwischen allen EU-Mitgliedsstaaten ausgetauscht. Foto: Milan Sujavac / Wikimedia Commons / CC-BY-SA 4.0int

(KL) – Fünf Jahre lang wurde über dieses Thema auf europäischer Ebene diskutiert – doch jetzt, wo alle Welt nach wirksamen Instrumenten im Kampf gegen den Terrorismus sucht, wurde das PNR (Passenger Name Record = Register von Fluggastdaten) am Donnerstag beschlossen. Nachdem in letzter Zeit ungeheuerliche Dinge über das unbehelligte Reisen von Terroristen durch die ganze Welt bekannt wurden, will man nun diese Daten über Flugreisen gezielt zur Identifikation von Terroristen nutzen. Allerdings wird das PNR von den einzelnen Mitgliedsstaaten der EU jeweils für ihr Land geführt, was vielen EU-Abgeordneten nicht weit genug ging. Sie hätten lieber eine große europäische Datei der Fluggastdaten gesehen, doch so weit ist Europa nicht.

Die Fluggesellschaften müssen den Behörden zukünftig Fluggastdaten wie den Namen, die Flugroute, Flugnummern, Zubringer- und Anschlussflüge mitteilen, die dann von den Mitgliedsstaaten der EU gezielt ausgewertet werden können. In der Praxis bedeutet das, dass es nicht mehr möglich ist, beispielsweise aus dem Mittleren Osten in die Türkei zu fliegen und sich dort in den Flieger in eine europäische Stadt zu setzen, ohne dass jemanden auffallen würde, dass die Reise gar nicht von der Türkei, sondern eben von einem anderen Land ausging. Dies ermöglicht das Erstellen von Bewegungsbildern, die einzelnen Personen zugeordnet werden können.

Das immer dichter werdende Netz der Überwachung von Einzelpersonen ist natürlich kritisch zu betrachten, doch macht es wenig Sinn, die wenigen effizienten Mittel zur Identifizierung von Terroristen nicht zu nutzen. In einer Zeit, in der so etwas wie ein Generalverdacht gegen alle herrscht, die auch nur entfernt so aussieht, als könnten sie aus einem arabischen Land stammen, kann so ein Instrument sogar dazu beitragen, diesen Generalverdacht wieder zu reduzieren. Natürlich wird man auf Fragen des Datenschutzes achten müssen, man wird darauf achten müssen, wer in welchem Rahmen Zugriff auf diese Daten hat, doch muss man bei der Terrorismus-Bekämpfung auch irgendwo den Hebel ansetzen, idealerweise dort, wo es auch Sinn macht. Und mit dem PNR macht es Sinn.

Die Mitgliedsstaaten können dann, im Rahmen von Ermittlungen, die entsprechenden Daten von den anderen Ländern abfragen. Was natürlich deutlich einfacher gewesen wäre, würden alle Mitgliedsstaaten ihre Daten in einer zentralen Datenbank speichern, wobei auch nur eine Behörde mit dem Datenschutz beauftragt wäre. Doch so weit ist Europa noch lange nicht – denn ein solches Vorgehen würde einen Verzicht auf nationale Rechte zugunsten eines übergeordneten europäischen Interesses darstellen.

Für die Umsetzung dieser Entscheidung haben die Mitgliedsstaaten zwei Jahre Zeit. Das wiederum ist seltsam in einer Situation, wo uns die Politik aus allen Lagern immer wieder unter die Nase reibt, wie gefährdet Europa gerade ist. Doch das ist eben Europa – behördenlastig, langsam, unentschlossen. Da trifft man schon einmal eine richtige Entscheidung und dann müssen die Europäerinnen und Europäer geschlagene zwei Jahre darauf warten, dass sie umgesetzt wird. Es wird höchste Zeit, dass sich Europa neu aufstellt.

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