Wenn – dann

Der französische Gesundheitsminister Olivier Véran hat angekündigt, dass die Regierung im Falle einer erforderlichen Lockdown-Verschärfung über einen vierstufigen Plan verfügt.

Gesundheitsminister Olivier Véran fühlt sich gut für den Fall eines erneuten Anstiegs der Covid-Zahlen gerüstet. na dann. Foto: Nicolo-Revelli-Beaumont / Wikimedia Commons / CC0 1.0

(KL) – Gesundheitsminister, das ist kein leichter Job in diesen Zeiten. Umso bewundernswerter, wie der französische Gesundheitsminister weiterhin Optimismus versprüht, obwohl das, was er vor der Presse verkündet, alles andere als ermutigend ist. Denn sollte die Covid-Krise wieder Fahrt aufnehmen, dann hätte die Regierung einen vierstufigen Plan erarbeitet, um eine solche Entwicklung sofort wieder einzudämmen. „Ausgereift“ („aboutis“) seien diese Pläne, das betonte er mehrfach, da kann ja nichts mehr schiefgehen.

Véran hat Recht, ein wenig auf die Euphoriebremse zu treten. Nach seinen Angaben gibt es in Frankreich „400 bis 500 neue Cluster“ und die Reproduktionszahl, anhand derer man die Dynamik der Verbreitung des Virus ablesen kann, liegt ebenso wie in Deutschland über dem Schwellenwert 1,0. Insofern ist die Überlegung, was man im Fall eines erneuten und geradezu erwartbaren Anstiegs der Infektionszahlen tun will, alles andere als falsch.

Vérans Plan sieht vor, erneute Ausbrüche so lokal wie möglich zu bekämpfen und Lockdown-Maßnahmen nicht nur auf regionaler und lokaler Ebene anordnen zu wollen, sondern sogar bis hin zu einzelnen Stadtvierteln, die im Rahmen dieses Plans unter Quarantäne gestellt werden sollen. Flankiert werden soll ein solcher Lockdown, wenn er denn erforderlich wäre, von Maßnahmen wie Ausgangssperren, Versammlungsverboten, der neuerlichen Schließung von Restaurants und Bars und anderen. Die Eskalationsstufe 4, die hoffentlich nicht mehr erreicht wird, bedeutet einen erneuten Komplett-Lockdown mit Ausgangssperre und allem, was wir bereits in der Zeit zwischen März und Mai erlebt haben.

Überall auf der Welt werden gerade Lockdown-Maßnahmen zurückgenommen oder neue eingeführt. Nach wie vor wissen wir sehr wenig über dieses Virus, verstehen kaum sein sehr unterschiedliches Verhalten in den verschiedenen Regionen der Welt und alles, was wir mitbekommen, ist dass SARS-CoV-2 sofort wieder unterwegs ist, wenn man ihm die Gelegenheit dazu lässt.

Es ist in einer solchen Situation (mittlerweile geschätzt rund 600.000 Covid-Todesopfer) sehr schwer nachvollziehbar, dass es immer noch Menschen gibt, für die das einfache Tragen einer Gesichtsmaske schon zu viel Solidarität mit ihren Mitmenschen darstellt. Die weitere Entwicklung der Covid-Krise, und damit auch das Ausmaß der Wirtschafts-Krise, die im Gefolge herannaht, hängt von unser aller Verhalten ab. Wer heute noch meint, in der Tram den Helden und Rebellen spielen zu müssen und daher auf die Gesichtsmaske verzichtet, der ist kein Held, sondern mit dafür verantwortlich, sollte es doch noch zu erneuten Lockdowns kommen.

Einen Punkt machte Véran noch besonders deutlich: Die Regierung wird alles daransetzen, nicht die Eskalationsstufe 4 zu erreichen und das Land erneut auf Null stellen zu müssen, denn das wäre das schlimmste Szenario für die französische Wirtschaft. Es klingt ein wenig nach Pfeifen im dunklen Keller, wenn die Politik solche Lösungswege präsentiert. Denn das einzige, das die volle Kontrolle über das Geschehen hat, ist ein kleines, gemeines Virus namens SARS-CoV-2 – nach seinen Launen richtet sich alles, selbst ein Vierstufenplan der Regierung. Hoffen wir, dass die zweite große Welle ausbleibt. Doch danach sieht es nicht unbedingt aus.

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