Wenn der Kirchturm zweimal klingelt…

Das Dörfchen Asswiller im nördlichen Elsass ist Schauplatz eines echten Schildbürgerstreichs – bei dem das Verwaltungsgericht Straßburg kräftig mitmischt.

Asswiller, ein ruhiges und beschauliches Dorf. Nur nicht, wenn die Glocken läuten... Foto: Samrong01 / Wikimedia Commons / CC-BY-SA 4.0int

(WB) – Ah, das Landleben! Grüne Natur, die Langsamkeit des Lebens auf dem Dorf, die gewachsene Solidarität der Dorfgemeinschaft, frische Luft, satte Wiesen, das Muhen der Kühe, das Läuten der Dorfglocken… Stop! Das Läuten der Dorfglocken? Genau hier beginnt das Problem…

Wie praktisch jedes Dorf verfügt auch Asswiller, das sich in der Nähe von Ingwiller und Bouxwiller befindet, über eine kleine Kirche. Diese, wenig überraschend, verfügt auch über einen kleinen Kirchtum. Der, ebenso wenig überraschend, mit Kirchenglocken ausgestattet ist. Und diese Glocken läuten eben ab und zu. Was ja auch die ureigenste Aufgabe von Glocken ist. Nur – das Läuten dieser Glocken stört ein in Asswiller lebendes Paar, das vor dem Verwaltungsgericht Straßburg wegen „Lärmbelästigung“ klagte und – Recht bekam.

Asswiller wurden drei Monate Zeit eingeräumt, die Dezibelbelastung der Kirchenglocken zu „dämmen“, was nach Aussage des Rathauses Asswiller technisch nicht möglich ist. Ohne eine solche „Dämmung“ aber, so das Urteil der Straßburger Richter, muss ein Glockenläutverbot von 22 Uhr bis 7 Uhr morgens erlassen werden. Damit sich das in seiner Ruhe gestörte Paar nicht weiter belästigt fühlt.

Was erwartet uns denn dann als nächstes? Ein Düngeverbot für die Felder auf dem Land, weil zugezogenen Städtern die Geruchsbelästigung durch die ausgebrachte Gülle nicht zumutbar ist? Oder ein Hundebellverbot? Oder ein Verbot, abends die Kühe von der Weide in den Stall zu treiben, weil das Getrappel der Hufe auf der Straße stört?

Es hätte eine gan einfache Lösung für dieses „Problem“ gegeben. Nämlich dass die sich so sehr gestörten Personen einen anderen Ort zum Leben suchen. Warum nicht mitten in der Stadt in Autobahnnähe, wo die Geräuschkulisse sicher beruhigender ist als im Dörfchen Asswiller?

Erstaunlich ist aber, dass die Richter des Straßburger Verwaltungsgerichts nichts Besseres zu tun hatten, als ein Urteil zu sprechen, das die Eigenheiten des Lebens auf dem Land grundsätzlich in Frage stellt. Zum Leben auf dem Land gehören eben Dinge wie ländliche Gerüche und Geräusche dazu. Und wem das nicht passt, der sollte gefälligst nicht aufs Land ziehen, sondern den Menschen, die dort seit Generationen leben, ihr Recht auf ein intaktes Dorfleben lassen. Und so bleibt die Erkenntnis – Schilda ist überall. Auch in Frankreich.

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