Wenn die Goldammer leise zwitschert…

In ein paar Tagen ist es nun so weit – Großbritannien verlässt die EU. Geregelt ist noch nichts, weswegen dann wohl der „Yellowhammer Report“ der Regierung greifen wird.

Das künftige Zusammenleben der "vernünftigen Briten" und der Neonationalisten dürfte recht angespannt sein... Foto: Ilovetheeu / Wikimedia Commons / CC-BY-SA 4.0int

(KL) – Das Dokument, das ein Szenario erstellt, wie es in Großbritannien nach einem ungeregelten Brexit aussehen wird, heißt „Yellowhammer Report“, Goldammer-Bericht. Erstellt wurde dieser Bericht von der britischen Regierung zu Zeiten von Theresa May, weswegen man diesem Bericht nicht nachsagen kann, er sei von Brexit-Gegnern als Horror-Szenario geschrieben worden. Im Gegenteil. Ein Horror-Szenario ist er dennoch.

Es wird niemanden überraschen, dass das durchgeknallte Nationalisten-Projekt des Brexit von den sozial schwächsten Briten gestemmt werden muss. Diejenigen, die diesen Ausstieg aus der EU zu verantworten haben, werden von den Folgen nicht viel mitbekommen, leben sie doch in Saus und Braus. Boris Johnson, Theresa May oder David Cameron werden keine Probleme haben, Obst für ihr Frühstücksmüsli einzukaufen – das sieht bei sozial schwächeren Briten schon ganz anders aus. Deren Lebenshaltungskosten werden dramatisch steigen und dazu wird es in verschiedenen Bereichen sogar zu Versorgungsengpässen kommen, beispielsweise bei Medikamenten. Das besagt zumindest der „Yellowhammer Report“.

Es ist zwar nach wie vor völlig unverständlich, wieso die Briten am 12. Dezember mehrheitlich für den Mann als Regierungschef gestimmt haben, der ihnen das alles antun will und wird, aber das ist ab sofort das Problem der Briten. Wir werden wohl nie erfahren, ob es einfach ein kollektiver Blackout oder der typisch britische Humor war, der zu diesem Wahlergebnis geführt hat, doch die Dinge stehen nun so, wie sie stehen.

Das auf dreisten Lügen, unverfrorenen Manipulationen und einem ungesunden Neonationalismus basierende Referendum von 2016, das zwar rechtlich nicht bindend war, aber als „politisch verpflichtend“ bezeichnet wurde, obwohl beispielsweise die im Ausland lebenden Briten von dieser Abstimmung ausgeschlossen waren, reichte als Rechtfertigung für die Tories, die Selbstauflösung des Vereinten Königreichs zu betreiben. Da aber offensichtlich rund die Hälfte der Briten ein gestörtes Verhältnis zur Demokratie haben, reichte dieses im Grunde illegale Referendum, rund die Hälfte der Briten in einen „Britannia-rules-Taumel“ zu stürzen und für ihren anachronistischen Nationalismus sogar eine deutliche Verschlechterung ihrer Lebensbedingungen hinzunehmen. Doch schwarzer britischer Humor?

Nun ist es also so weit. In ein paar Tagen ist das „Europa der 28“ Geschichte und die EU macht eben ohne die Briten weiter. Das Positivste daran ist, dass endlich die britischen Europaabgeordneten verschwinden, die bislang die Arbeit der EU behindert und dabei fette Diäten kassiert haben. Ansonsten sollten sich diejenigen, die Freunde und Verwandte in Großbritannien haben, auf das Packen von „Care-Paketen“ einrichten…

Spannend wird es werden, wenn die Briten merken, was sie da eigentlich angerichtet haben und dass sie seitens der EU keinerlei Sonderbehandlung mehr zu erwarten und keinerlei Forderungen mehr zu stellen haben. Die politische und wirtschaftliche Isolation der Insel-Lemminge beginnt am Wochenende. So long, Brits, nach dreieinhalb Jahren eines kollektiven intellektuellen Offenbarungseids habt ihr es geschafft – niemand weint euch eine Träne hinterher.

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