Wenn Frauen andere Frauen lächerlich machen

Ausgerechnet eine Frau zieht den „Internationalen Tag der Frauenrechte“ am 8. Mai ins Lächerliche – indem sie einen „Männertag“ am 19. November ins Leben ruft. Ein Glück, dass diese Idee nicht von einem Mann stammte…

Künftig solche Demos am 19. November - für Männer? Foto: Elvert Barnes / Wikimedia Commons / CC-BY-SA 2.0

(KL) – „Es gibt Ungleichheiten auf beiden Seiten“, sagt Alfonsa Alfano, die Gleichstellungsbeauftragte des Departements Bas-Rhin und freut sich schon auf den vonj ihr für den 19. November ins Leben gerufenen „Männertag“, den Tag, an dem die Männer sich endlich darüber beschweren können, wie sehr sie im Vergleich zu Frauen schlechter gestellt sind. Wäre das nicht erschreckend, könnte man fast darüber lachen. Aber Frau Alfano meint es tatsächlich ernst.

Pikant ist, dass der 19. November in einen Zeitraum fällt, zu dem Frauen generell bereits seit mehreren Wochen umsonst arbeiten, da das Gefälle der Gehälter zwischen Frauen und Männern immer noch rund ein Viertel beträgt. Und ebenso pikant ist es, eventuell existierend Ungleichheiten zwischen Männern und Frauen derart darzustellen – wenn man bedenkt, dass 98 % der Gewalttaten von Männern an Frauen verübt werden, dass diese Gewalt eine alltägliche Erfahrung für Frauen ist (100 % aller Frauen haben bereits sexuelle Belästigungen in öffentlichen Verkehrsmitteln erlebt), dann ist es geradezu Hohn, diesen „Männertag“ einzurichten.

Ja, die armen Männer. Gebeutelt von Aktionen wie #metoo oder #balancetonporc, können sie nicht mehr gedankenlos ihre Machtpositionen ausnutzen und Gewalttaten werden nun immer häufiger verfolgt, da diese Aktionen Frauen ermutigten, mit ihren Gewalterfahrungen an die Öffentlichkeit zu gehen. Das ist natürlich ganz schlecht für Gewalt ausübende Männer und diese gilt es nun offenbar zu feiern und zu schützen…

Dass Frau Alfano damit die gesamte Ernsthaftigkeit des 8. März ins Lächerliche zieht, das scheint sie nicht zu begreifen. Was sie mit dem „Männertag“ am 19. November erreichen wird, ist die Entwertung des 8. März, eines seit Jahren wichtigen Tages, an dem weltweit Frauen darauf hinweisen, dass sie nach wie vor Gewalt in allen Formen erleiden und in den meisten Fällen immer noch Schwierigkeiten haben, dass alleine ihr Status als Opfer von Gewalt anerkannt und ernstgenommen wird.

Man kann sich auch Fragen über den Umgang von Frau Alfano stellen. „Ich habe immer Männer getroffen, die mir sagen ‘Und wir? Und wir?‘, da man sich nicht genug um ihre Probleme kümmert“. Vielleicht sollte Frau Alfano ihren Umgang nicht auf weinerliche Weicheier reduzieren, sondern auch andere Männer treffen, normale Männer und dann auch diejenigen, die Gewalt gegen Frauen ausüben. In der Familie, im Bekanntenkreis, bei der Arbeit oder in der freien Wildbahn. „Auch Männer werden geschlagen, auch Väter werden vernachlässigt, viele werden in Scheidungsfällen ihrer Kinder oder Rechte beraubt.“ Und damit wären wir so weit. Die Argumentationslinie für prügelnde Männer ist ab sofort: „Frauen tun das ja schließlich auch“. Dass die Gewalt von Frauen gegen Männer gerade mal 2 % aller Fälle ausmacht, scheint Frau Alfano nicht zu stören. Die Gleichsetzung der Phänomene „Gewalt von Männern gegen Frauen“ und „Gewalt von Frauen gegen Männer“ ist so etwas wie ein intellektueller Aussetzer.

Niemand bestreitet, dass es auch Gewalt von Frauen gegen Männer gibt. Und niemand bestreitet, dass Männer in solchen Fällen enorme Schwierigkeiten haben, Gehör zu finden. Und trotzdem – der Versuch, das Phänomen der Gewalt gegen Frauen auf die gleiche Ebene zu stellen wie die Gewalt von Frauen gegen Männer, das ist einfach lächerlich und Frau Alfano erweist ihren Geschlechtsgenossinnen einen Bärendienst.

Was Frauen am 8. März fordern, das weiß man. Gleichen Lohn für gleiche Arbeit, eine strengere Verfolgung von Gewalttaten gegen Frauen, mehr Gelder für die Finanzierung von Frauenhäusern und anderen Schutzeinrichtung. Interessant wird die Frage, was für Forderungen die Männer am 19. November formulieren. Freibier für alle? Die Anhebung der Gehaltsunterschiede von rund 25 % auf 40 %. Die Legalisierung von Gewalt in der Ehe?

Oder handelt es sich am Ende nur um ein „Sauregurken-Thema“, von dem man nach der Sommerpause nichts mehr hören wird? Es würde Sinn machen, diese Schnapsidee still und heimlich wieder zu begraben und künftig besser darauf zu achten, wer welchen Posten in den Instanzen bekommt. Als Gleichstellungsbeauftragte ist Alfonsa Alfano auf jeden Fall eine glatte Fehlbesetzung.

Vielleicht ist jetzt der Zeitpunkt gekommen, endlich „hitzefrei“ für Politiker im Hochsommer zu fordern. Wenn es zu warm wird, kommt nicht mehr viel Vernünftiges im politischen Diskurs heraus. Und – am 19. November werden wir in der Redaktion keinen Feiertag veranstalten. Sondern eine Sondernummer „Gewalt gegen Frauen im Alltag“ veröffentlichen.

 

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