(Summer special 2022) – Wenn Frieden zum Schimpfwort wird

Der stellvertretende Fraktionsvorsitzende der FDP, Alexander Graf Lambsdorff, bezeichnet Friedensaktivisten als „Putins fünfte Kolonne“. Der Mann hat jeden Kompass verloren.

Tja, so sehen sie also aus, die verdammten Pazifisten, die Putin und seine Vergewaltiger schützen... Foto: Rufus46 / Wikimedia Commons / CC-BY-SA 3.0

Unglaublich, was ein halbes Jahr Krieg aus den Menschen macht. “Frieden” ist inzwischen zum Schimpfwort geworden und die Kriegstreiber und Waffenhändler machen den weiteren Verlauf des Kriegs in der Ukraine untereinander aus. 

(KL) – Es ist noch gar nicht so lange her, da war der Begriff „Frieden“ positiv besetzt, beschrieb er doch den Zustand der Abwesenheit von Krieg. Doch glaubt man dem stellvertretenden Vorsitzenden der FDP-Bundestagsfraktion, Alexander Graf Lambsdorff, dann sind die traditionellen Ostermarschierer, die seit Urzeiten an Ostern für den Frieden marschieren, nichts anderes als „Putins fünfte Kolonne“. Wie schnell sich doch die Zeiten ändern.

In einer unglaublichen Tirade in einem Beitrag in DIE ZEIT verstieg sich der Graf zu der Aussage, dass für Frieden und Abrüstung zu demonstrieren, ein „Schlag ins Gesicht der Verteidiger von Kiew und Charkiw“ sei. Doch sollte er keine Zeit damit verlieren, sich über Menschen zu ereifern, die sich für Frieden und Vernunft einsetzen, wenn er so kriegsgeil ist, dann wäre das Einfachste, dass er nach Kiew fährt, sich den dortigen Truppen anschließt und dann nach Herzenslust durch die Gegend ballert.

Doch dabei ließ es der Graf nicht bewenden. Wer heute (bzw. zu Ostern) in Deutschland für den Frieden marschiert, so schrieb Lambsdorff, der „traumatisiert die zu uns Geflüchteten ein zweites Mal, denn er (oder sie) schützt die Mörder und Vergewaltiger von Butscha, Irpin und Mariupol“. Jetzt wissen wir es.

Doch was reitet einen exponierten Politiker, dessen Partei mit in Regierungsverantwortung steht, einen solch hahnebüchen Unsinn zu verbreiten? Ein Fall von „Long Covid“? Eine andere Pathologie? Denkaussetzer aus anderen Gründen? Ja, was schlägt Herr Graf denn für Ostern vor? Kriegerische Aufmärsche? Am besten in Olivgrün? Sammlungen in den Kirchen, nicht für „Brot für die Welt“, sondern für „Waffen für die Welt“?

Es ist wirklich erstaunlich, was die letzten beiden Jahre aus vielen Menschen gemacht haben. Erst die Pandemie, jetzt der Krieg. Doch wer diese Dinge im Koopf nicht mehr auf die Reihe bekommt, der sollte kein politisches Amt bekleiden und seine Probleme in vier Wänder mit seinem Therapeuten besprechen. Damit würde er weniger Schaden anrichten mit seiner Verteufelung des Friedens. Und das zu Ostern!

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