Wenn König Mammon die Jugend der Welt ruft…

Vom 23. Juli bis zum 8. August sollen in Tokio die bereits um ein Jahr verschobenen Olympischen Spiele stattfinden. Dieses Vorhaben unterstützen inzwischen nur noch 14 % der Japaner laut einer Umfrage.

Die Mehrheit der Japaner würde die Olympischen Spiele in Tokio am liebsten verschieben oder ganz absagen. Foto: Cesar I. Martins from Jundiai, Brazil / Wikimedia Commons / CC-BY 2.0

(KL) – Es geht wohl um Werbeeinnahmen, TV-Verträge und richtig viel Geld. Dafür trommelt das Internationale Olympische Komitee (IOC) die Jugend der Welt zusammen, als gäbe es keine Pandemie. Dabei befindet sich Japan momentan in einer „vierten Welle“, der Ausnahmezustand im Land wurde verlängert und das vermutlich Letzte, was das Land jetzt braucht, ist die Ankunft von Tausenden von Sportlern, Betreuern und Funktionären. Bemerkenswert ist, dass das IOC derart davon überzeugt ist, dass diese Spiele in einem sicheren Umfeld stattfinden können, dass alle Teilnehmer eine Erklärung unterschreiben müssen, nach der sie auf eigene Gefahr teilnehmen und das IOC von jedweden Forderungen im Fall einer Erkrankung freistellen. Und so wird vermutlich nach der ebenso verantwortungslosen Fußball-EM im Juni auch ein zweiter Großevent stattfinden, bei dem die Gesundheit der Sportler der Gier nach Werbe- und TV-Geldern geopfert wird.

Man denkt unwillkürlich an die Olympischen Spiele 1972 in München und den berühmten Satz des damaligen IOC-Präsidenten Avery Brundage „The Games must go on“, nach dem fürchterlichen Terroranschlag der PLO auf die israelische Olympia-Mannschaft, der mit 11 Toten endete. Frage: Müssen solche Sportveranstaltungen wirklich unter allen Umständen durchgezogen werden? Selbst, wenn sie für Sportler, Betreuer, Funktionäre und die zahlreichen Journalisten aus aller Welt ein Gesundheitsrisiko darstellen?

Dass sich die Sportler in einer üblen Zwickmühle befinden, ist klar. Seit inzwischen 5 Jahren bereiten sie sich auf das vor, was für viele der Höhepunkt ihrer sportlichen Karriere ist, für viele mit Fördergeldern verbunden, die ihnen ein Leben als Hochleistungssportler ermöglichen. Doch wenn die Verbände Umsätze wittern, dann wird die Gesundheit der Sportler zur Nebensache.

Eine große japanische Tageszeitung hat eine Umfrage organisiert, die zeigt, dass die japanische Bevölkerung wesentlich vernünftiger ist als die internationalen Sportfunktionäre. Nach dieser Umfrage waren 43 % der Befragten für eine Absage der Spiele, 40 % plädierten für eine erneute Verschiebung und nur 14 % wollen die Austragung wie geplant durchgeführt sehen.

Auch, wenn überall auf der Welt angesichts des kommenden Sommers Lockerungen und teilweise sogar die Aufhebung der sanitären Maßnahmen seitens der Politik beschlossen wird, ist die Pandemie noch lange nicht vorbei. Die Sportler, die vom IOC so gerne als die „Jugend der Welt“ bezeichnet werden, sollen also einem enormen Risiko ausgesetzt werden, zu einem Zeitpunkt, zu dem niemand das gesundheitliche Risiko richtig einschätzen kann. Zuschauer sind, weil es ja alles so ungefährlich ist, von vornherein nicht zugelassen, was deutlich zeigt, worum es geht: Werbe- und TV-Gelder.

Das IOC ist keinen Deut besser als die UEFA, die für die Austragung der Fußball-EM im Juni darauf bestanden hat, dass die auf viele europäischen Länder verteilten Spiele (inklusive intensiver Reisetätigkeiten zwischen den Spielorten) vor Publikum (!) ausgetragen werden müssen. Einige Austragungsorte waren so vernünftig, sich zurückzuziehen, die anderen versuchen, den Wünschen der UEFA zu entsprechen, auch, wenn dies zu diesem Zeitpunkt ein unkalkulierbares Risiko für die Gesundheit aller Beteiligten bedeutet.

Das einzig Sinnvolle in diesem Sommer 2021 wäre es gewesen, sowohl die EURO 2021 als auch die Olympischen Spiele in Tokio abzusagen, so, wie man es auch mit zahllosen kulturellen Veranstaltungen tun musste. Aber Kultur bringt eben nicht so viel Werbe- und TV-Einnahmen. Aber was soll man von Sportverbänden halten, die aus Geldgier bereit sind, die Gesundheit ihrer Sportler zu opfern? Fast würde man gerne das Motto von Pierre de Coubertin abändern. In „Nicht dabei sein ist alles“…

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