Wenn Macron schon mal Recht hat…

… dann wird er vom ukrainischen Präsidenten Zelensky zurechtgewiesen wie ein Schuljunge. Macrons „Fehler“ war, an die Zeit nach dem großen Töten und Geldumschichten zu denken.

Waffen und Geld darf der Westen unbegrenzt liefern - aber über "Frieden" zu sprechen, das kommt nicht in Frage. Foto: Kremlin.ru / Wikimedia Commons / CC-BY-SA 4.0int

(KL) – Allzu oft passiert es nicht, dass Emmanuel Macron Recht hat. Nachdem er mit seiner Rentenreform die Kontrolle über sein eigenes Land verloren hat und sich nur noch im internationalen Bereich aufhält, hatte er in einem Interview etwas Bemerkenswertes gesagt. Gegenüber mehreren französischen Medien hatte Macron erklärt, dass er überzugt sei, dass der Krieg nur am Verhandlungstisch gelöst werden kann, denn „keine der zwei Seiten kann vollständig siegen“. Nun sind realistische Einschätzungen momentan Mangelware und von den Kriegsparteien auch gar nicht gewünscht, und so wurde Macron dann auch gleich von Zelensky zurechtgewiesen.

Zwar sagte Macron ebenso deutlich, dass er sich die „Niederlage Russlands in der Ukraine“ wünscht, doch stehen seiner Ansicht nach die Chancen schlecht, die Beendigung dieses Krieges militärisch zu erreichen. Aber mit Vorstellungen, wie man das Töten und Zerstören beenden kann, kommt man heute in Kiew nicht viel weiter als in Moskau. So war die Reaktion Zelenskys auf Macrons Aussagen sehr kühl. „Ich bin zu dem Schluss gekommen, dass wir nicht in der Lage sind, die russische Haltung zu ändern“. Und so lange unbegrenzt Milliarden nach Kiew überwiesen werden, wird auch Zelensky seine Haltung nicht ändern.

Mit seiner Aussage befindet sich Emmanuel Macron erstaunlicherweise auf der richtigen Seite. Denn am Ende seines Gedankengangs steht, anders als bei den anderen westlichen Führern, eine Zukunft Europas, in der auch Russland existiert. Denn Putin wird ebenso wenig ewig leben wie andere Diktatoren in der Geschichte und das wusste bereits 1940 Charles de Gaulle, als er in London davon sprach, dass man an die Zeit nach dem Krieg denken und eine europäische Zukunft mit Deutschland anstreben muss. Die Reaktionen damals waren die gleichen wie heute – der Krieg macht blind für die Frage, wie es danach weitergehen soll.

Wenn der Westen dazu beitragen will, diesen Krieg zu beenden, muss auf beide Kriegsparteien Druck aufgebaut werden. Russland kann man unter Druck setzen, indem man endlich aufhört, Russland und Putins Kriegsmaschine weiter zu finanzieren (doch, doch, neben den sanktionierten Bereichen wird weiter munter mit Russland Handel getrieben und es wird auch weiter daran gearbeitet, wie man die eigenen Sanktionen unterlaufen kann) und die Geld- und Waffenlieferungen an die Ukraine können mit der Bedingung verbunden werden, sich an den Verhandlungstisch zu setzen. Darüber hinaus müssen diplomatische Anstrengungen gegenüber den 150 Ländern unternommen werden, damit diese ebenfalls eindeutig Stellung gegen den Krieg beziehen.

Inzwischen liegen mehrere Friedenpläne auf dem Tisch, die alle im Grunde das Gleiche sagen. Abzug der kämpfenden Armeen aus den umkämpften Gebieten, Einsatz von Blauhelmen, um den Waffenstillstand zu sichern, und sofortiger Beginn von Verhandlungen, idealerweise unter Moderation der UNO.

Macron hat Recht, wenn er sagt, dass keine der Parteien diesen Krieg gewinnen kann. Anders als bei den letzten Weltkriegen verfügen heute beide Seiten über finale Waffensysteme, deren Einsatz eine realistische Option ist, wenn eine der beiden Seiten dabei ist, diesen Krieg definitiv zu verlieren. Da nützt es auch nichts, wenn deutsche Politiker wie Friedrich Merz „glauben“, dass Putin nicht so weit gehen würde, solche Waffen einzusetzen.

Über Strategien wird auch nicht gesprochen – doch wenn die Ukraine heute Langstrecken-Raketen und Kampfjets fordert (und natürlich bekommen wird), dann dienen diese nicht dazu, den eigenen Luftraum zu schützen, denn so etwas tut man nicht mit Langstrecken-Raketen, sondern ihrerseits russisches Territorium anzugreifen. Das sind Entwicklungen, über die man nachdenken und sprechen muss, statt einfach blind der Eskalation des Krieges hinterher zu stolpern. Denn auch dieser Krieg ist, wie alle Kriege, in erster Linie ein Gemetzel aufgrund wirtschaftlicher und geopolitischer Interessen, der, wie alle Kriege, auf dem Rücken derjenigen ausgetragen wird, die selbst gar nicht auf die Idee kommen würden, einen Krieg anzuzetteln.

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