Wer Faschisten wählt, ist kein Wutbürger

Fast ein Viertel der Wählerinnen und Wähler in Thüringen haben die AfD gewählt. Dort, wo Faschist Höcke antritt, kann kein AfD-Wähler sagen, er sei nur ein Wutbürger.

Wer Björn Höcke wählt, ist kein Wutbürger, sondern unterstützt wissentlich einen Faschisten. Foto: © Vincent Eisfeld / nordhausen-wiki.de / CC-BY-SA 4.0int

(KL) – So also war es damals, als die NSDAP immer stärker wurde und sich Deutschland am Ende in die Hände der Nazis begab, mit der Ansage „schlimmer als die anderen können die es auch nicht machen“. Fast ein Viertel der in Thüringen bei der Landtagswahl abgegebenen Stimmen entfielen auf die AfD, auf die Partei, die Hass, Ausgrenzung und Gewalt predigt. Wer für dieses Programm gestimmt hat, ist nicht nur einfach ein „Wutbürger“, sondern ein Unterstützer der Neofaschisten.

AfD-Spitzenkandidat Björn Höcke, der zwar gerne von „wir“ spricht, wenn es um die DDR-Revolution 1989 ging, obwohl er damals ein pickeliger Teenager im bequemen Westen war, darf tatsächlich laut Urteil des Verwaltungsgerichts Meiningen vom 26. September 2019 als Faschist bezeichnet werden. Er hat allerdings auch nie verschwiegen, welch Geistes Kind er ist, wenn er von „Umvolkung“ schwadroniert und Journalisten droht, dass sie sich wundern werden, wenn man erst die Macht ergriffen habe.

Die Faschisten-Unterstützer in Thüringen haben ihre rot-rot-grüne Regierung abgewählt. Die Soziologen werden noch lange rätseln, was ein Land, in dem sich unmittelbar vor der Wahl 58 % der Befragten mit der Arbeit der Regierung zufrieden zeigten, dazu bewogen haben mag, diese Regierung abzuwählen und das Land in eine große politische Unsicherheit zu stürzen. Steht am Ende wirklich ein Viertel der Wählerinnen und Wähler in Thüringen faschistischem Gedankengut nahe?

Jetzt werden die arg gebeutelten Parteien aus der bedeutungslos gewordenen Mitte wieder relativieren, in der vagen Hoffnung, den einen oder anderen AfD-Wähler zurückzugewinnen. Doch das wird nicht hinhauen. CDU 22,1 %, SPD 8,3 % und Grüne 5,0 %. Kann irgendjemand in deren Parteizentralen Zahlen lesen? Die rechtsextreme AfD und die weit links stehende Die Linke (als linksextremistisch kann man Die Linke nun wirklich nicht bezeichnen) vereinen deutlich mehr als die Hälfte der Wählerstimmen auf sich. Die politische Mitte ist am Ende, die Extreme ziehen die Wählerinnen und Wähler ab.

Die Chancen, dass Wahlsieger Bodo Ramelow, der erste Ministerpräsident eines Landes für Die Linke, im Amt bleibt, stehen hoch. Er führt die mit Abstand stärkste Partei an und befindet sich nach wie vor im Amt. Aus diesem heraus gewählt zu werden, das erscheint fast unmöglich. Zumal die thüringische Verfassung vorsieht, dass der amtierende Ministerpräsident mit seiner Regierung kommissarisch im Amt bleibt, bis eine neue Regierung gewählt wurde. Und da es seltsamerweise keine zeitliche Begrenzung dafür gibt, könnte dieser kommissarische Zustand bis zur nächsten Wahl andauern.

Doch kann nun niemand mehr die Augen vor dem Wachsen der braunen Gefahr in Deutschland die Augen verschließen. Politische Morde, antisemitische und fremdenfeindliche Attentate, ein Klima der Angst in vielen ostdeutschen Gegenden – was sich da zusammenbraut, kann man nicht mehr durch Relativieren bekämpfen.

Auch, wenn es dieses Mal noch gelingen wird, die braune Pest von der Regierung fernzuhalten, so muss man doch die Entwicklung sehen. Irgendwann haben sie genug nicht so pfiffige Mitmenschen manipuliert, die meinen, dass die Welt ein sicherer Ort wäre, wenn man den Brandstiftern die Streichhölzer in die Hand drückt. Dass in Deutschland im Jahr 2019 ein faschistischer Spitzenkandidat einer rechtsextremen Partei fast ein Viertel der Stimmen erhält, das ist kein Alarmsignal mehr, sondern das Vorzimmer zur Machtergreifung. Viele Chancen werden die traditionellen Parteien nicht mehr haben, diese Entwicklung aufzuhalten.

3 Kommentare zu Wer Faschisten wählt, ist kein Wutbürger

  1. Hinweis auf Blog “Augenzeugen” des Deutschen Journalisten-Verbandes

  2. Nordhäuser Verhältnisse – leider!

Hinterlasse einen Kommentar zu Manfred Neuber Antworten abbrechen

E-Mail Adresse wird nicht veröffentlicht.

*



Copyright © Eurojournaliste