Wie aus der „Sebastopol“ die „Anouar El-Saddat“ wurde
Eigentlich waren die beiden Hubschrauberträger „Sebastopol“ und „Vladivostok“ für Russland bestimmt. Heute sind sie für Ägypten unterwegs.
(KL) – Es war ein prima Deal für die Werft in Saint Nazaire – Russland hatte 2011 einen Vertrag mit Frankreich unterzeichnet, der die Lieferung von zwei hochmodernen Hubschrauberträgern der Klasse „Mistral“ vorsah, mit der Option auf zwei weitere dieser Kriegsschiffe. Doch dann überschlugen sich die Ereignisse, Russland annektierte die Krim und plötzlich entstand eine Situation, in der Frankreich Russland diese beiden Schiffe nicht mehr ausliefern konnte, da der internationale Druck zu groß geworden war. Doch die beiden Schiffe, die zusammen rund 1,7 Milliarden Dollar wert waren, landeten nicht auf dem Schrott. Sondern in Ägypten.
Wer hätte das gedacht – im internationalen Waffen-Business gibt es einen Gebrauchtmarkt. Und dazu gibt es Absprachen, mit denen alle ihr Gesicht wahren können, ohne dabei die prächtigen Geschäfte zu behindern. Und genau so lief es auch, nachdem Frankreich Russland mitgeteilt hatte, dass die „Sebastopol“ und die „Vladivostok“ nicht ausgeliefert würden. Der Druck kam übrigens damals in erster Linie aus Großbritannien, was den damaligen Premier David Cameron allerdings nicht davon abhielt, gleichzeitig Kriegsgerät im Wert von 167 Millionen Euro an Russland zu liefern. Business ist Business…
Nachdem Frankreich von seinem Vertrag zurückgetreten war, begann ein finanztechnisches Ballett vom Feinsten. Frankreich musste eine Vertragsstrafe in Höhe von € 949.754.849 zahlen (wer sich nur solche krummen Zahlen ausdenkt…) und – verscherbelte die beiden Schiffe an Ägypten. Doch das war natürlich nicht alles. Da es sich um Hubschrauberträger handelte, hatte Russland bereits 50 Hubschrauber des Typs Kamov KA-52 für den Einsatz auf den beiden Schiffen umrüsten lassen – und verkaufte diese nun ebenfalls an Ägypten.
So ganz unglücklich dürften die Russen allerdings nicht gewesen sein, denn während die beiden Schiffe noch im Hafen von Saint Nazaire lagen, wurden von der „Sebastopol“ die Dinge gestohlen, die für Russland wohl am interessantesten waren – mehrere Festplatten, eine Computer-Platine und eine Graphikkarte, die zusammen die Steuerungen des modernen Radarsystems beinhalteten. Also kam Russland, sofern dieser Diebstahl im Auftrag Moskaus stattgefunden haben sollte, dann doch noch in den Genuss eines lukrativen Technologietransfers zum Nulltarif.
Ägypten zahlte pauschal 950 Millionen Euro, benannte die „Vladivostok“ in „Gamal Abdel Nasser“ und die „Sebastopol“ in „Anouar El-Saddat“ um und hatte ein Schnäppchen gemacht. Auch Russland hat in dem Deal nicht viel verloren, ebenso wenig wie Frankreich. Wie schön zu sehen, dass man sich bei Deals um Kriegsgerät so gentleman-like untereinander verständigt. Schade, dass sich die Verhandlungen um Frieden deutlich schwerer gestalten…
Kommentar hinterlassen