Wie Deutschland den (Wirtschafts-)Krieg gewann

Seit fünf Jahren profitiert Deutschland wie kein anderes Land von der Krise in Griechenland und Südeuropa. Aber jammern können wir trotzdem auf hohem Niveau.

In einem griechischen Museum erinnert dieses Relikt daran, dass es damals nicht geklappt hat. Dafür aber heute. Foto: Tilemanos Efthimiadis, Athen, Griechenland / Wikimedia Commons / CC-BY 2.0

(KL) – „Geld“, so lautet ein alter Spruch in Bankkreisen, „ist nie weg. Es ist nur woanders“. Nach diesem Motto funktioniert auch der „Wirtschaftskrieg“ in Südeuropa. Während Länder wie Griechenland nur noch dazu da sind, Zinsen zu zahlen, sanieren sich Länder wie Deutschland dank der dortigen Krisen. Laut einer Studie des „Leibnitz-Instituts für Wirtschaftsforschung Halle IWH“ hat alleine Deutschland dank der Krise in Griechenland 100 Milliarden Euro eingespart. Die anderswo natürlich fehlen.

Das Prinzip ist denkbar einfach. Wer in den letzten Jahren griechische Staatsanleihen kaufte, durfte sich über „Risikozinsen“ von bis zu 28 % freuen. Da gleichzeitig Länder wie Deutschland als „sichere Häfen“ für Geldanlagen gelten, strömte massenhaft Geld nach Deutschland, was wiederum zu so niedrigen Zinsen führte, dass sich die deutschen Haushalte daran gesund stoßen konnten. In Höhe von 100 Milliarden Euro. Was wohl auch der Grund für Hardliner wie Wolfgang Schäuble ist, ja nichts am Status Quo ändern zu wollen. Immerhin, wir verdienen ja prächtig am Elend des griechischen Volks.

Das System funktioniert perfekt. Sobald es eine schlechte Nachricht zum Thema Griechenland gibt (was ja nun oft genug der Fall ist), fallen die Zinsen für deutsche Anleihen und „die Märkte“ schaufeln Geld nach Deutschland. Diese niedrigen Zinsen sorgen dafür, dass auch die deutschen Haushalte sehr günstig an Geld kommen, wofür sie sonst eben höhere Zinsen zahlen müsste. Sogar das Abtragen von Schulden ist für kommunale und Länder-Haushalte inzwischen ein „billiges Vergnügen“ – es macht eben einen Unterschied, ob man Schulden mit 0,3 % oder 28 % Zinsen bedienen muss.

Der Teufelskreis geht natürlich weiter – denn wer an billiges Geld kommt, der kann auch einfacher investieren und somit die Konjunktur anheizen und die Wettbewerbsfähigkeit steigern. Während umgekehrt das teure Geld genau solche Investitionen erschwert bis unmöglich macht. Um es noch deutlicher zu sagen – die deutsche Wettbewerbsfähigkeit, auf die wir alle so stolz sind, ist ein Ergebnis einer Politik, die verhindert, dass Länder wie Griechenland wirtschaftlich auf die Füße kommen können.

Im Grunde müsste es genau andersherum sein – das billige (also mit niedrigen Zinsen verfügbare) Geld müsste Griechenland zur Verfügung stehen, damit dort entsprechende Programme aufgelegt werden können, mit denen die dortige Wirtschaft wieder angekurbelt werden könnte. Umgekehrt müssten Spekulanten mit hohen Zinsen in Deutschland zur Kasse gebeten werden, weil wir hier diese Investitionen gar nicht in der Höhe brauchen. Doch das würde so etwas wie europäische Solidarität voraussetzen und welcher Kriegsgewinnler zeichnet sich schon durch Solidarität und Fairness aus?

Allerdings wäre jetzt ein ganz guter Zeitpunkt, endlich mit dem unerträglichen Gejammer in den Mainstream-Medien aufzuhören, in denen täglich nachzulesen ist, wie viel Geld der deutsche Michel den „gierigen Griechen“ in den Schlund wirft. Denn wenn man derart von einer Krise in einem anderen Land profitiert, dann sollte man sich wenigstens etwas bedeckter halten.

Zweimal hat Deutschland im letzten Jahrhundert versucht, die Kontrolle über Europa zu gewinnen, zweimal hat das glücklicherweise nicht geklappt. Doch dort, wo Deutschland militärisch gescheitert ist, hat es nun auf der wirtschaftlichen Ebene geklappt. Ohne Bodentruppen, nur vom Schreibtisch aus. Wolfgang Schäuble kann stolz sein, aber wir sollten uns dann doch ein wenig schämen…

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