Wie ein Déjà Vu…

Wie 2017 stehen sich auch dieses Jahr Emmanuel Macron und Marine Le Pen in der Stichwahl um die französische Präsidentschaft gegenüber. Ob es noch einmal für Macron reicht?

Das Duell in der Stichwahl lautet wie 2017 Emmanuel Macron gegen Marine Le Pen. Foto: Rogi Lensing / Wikimedia Commons / CC-BY-SA 3.0de

(KL) – Die Ergebnisse des ersten Wahlgangs der Präsidentschaftswahlen in Frankreich standen erst mitten in der Nacht fest und sie entsprechen weitgehend den Vorhersagen. Emmanuel Macron zieht mit 27,6 % der Stimmen in die Stichwahl ein, wo er erneut gegen Marin Le Pen (23,4 %) antritt. Knapp gescheitert ist der linke Kandidat Jean-Luc Mélenchon (22,0 %), während die neun weiteren Kandidaten und Kandidatinnen schwer unter die Räder kamen.

Am 24. April lautet das Duell also wie 2017 Macron gegen Le Pen und der Amtsinhaber setzt darauf, dass die Franzosen das tun, was sie seit 20 Jahren machen – nämlich den Kandidaten zu wählen, der nicht Le Pen heißt. Allerdings ist fraglich, ob das auch 2022 funktioniert, denn erste Analysen zeigen, dass die rechtextreme Kandidatin ein ziemlich großes Mobilisierungspotential hat, während sich Macron darauf verlassen muss, dass sich ihm die unterlegenen Kandidaten anschließen, in der Hoffnung, noch irgendwo ein warmes Plätzchen am Ofen zu ergattern.

Dieser neuerliche Rechtsrutsch Frankreichs ist vor allem von den „linken“ Kandidaten zu verantworten. Die „Splitterkandidaturen“ von Anne Hidalgo (PS, 1,7 %), Fabien Roussel (PCF, 2,3 %) und des Grünen Yannick Jadot (4,6 %) und die Weigerung, trotz aussichtsloser Kandidatur den einzigen aussichtsreichen linken Kandidaten Mélenchon zu unterstützen, haben der Rechtsextremen Le Pen überhaupt erst den Weg in die Stichwahl ermöglicht. Doch das ist seit Jahrzehnten das Problem der „linken“ Parteien in Frankreich – sie bekämpfen sich gegenseitig, lassen dafür aber den tatsächlichen politischen Gegner in Ruhe.

Ebenfalls eine Überraschung: Auch die zweite Volkspartei der letzten Jahrzehnte, die konservativen „Les Républicains“, implodieren genau so wie die PS, die noch vor 5 Jahren den Präsidenten und die Mehrheit in beiden gesetzgebenden Kammern hatte. Mit 4,8 % fährt die konservative Kandidatin Valérie Pécresse ein historisch schlechtes Ergebnis ein und da sie unterhalb der 5 %-Marke bleibt, bekommen die „Les Républicains“ ebenso wenig ihre Wahlkampfkosten erstattet wie die PS. Das ist nun endgültig die Götterdämmerung der früheren Volksparteien, die es innerhalb von nur fünf Jahren geschafft haben, den Status von „Splittergruppen“ zu erreichen.

Die Umfragen sehen ein Kopf-an-Kopf-Rennen zwischen Macron und Le Pen voraus, doch gleich, wer am 24. April gewinnt, er oder sie wird nicht die Mehrheit der Franzosen hinter sich haben. Frankreich muss dringend reformiert werden und in Richtung einer VI. Republik arbeiten. Aber ein solches Projekt werden weder Macron, noch Le Pen angehen. Die nächsten Jahre werden für Frankreich sehr, sehr schwierig werden.

2 Kommentare zu Wie ein Déjà Vu…

  1. Michael Magercord // 11. April 2022 um 10:51 // Antworten

    So ist das nun einmal: Kommunisten, Sozialisten und Melenchonisten haben unüberbrückbare Gegensätze. Auf der dritten Komosol-Tagung des Komintern vor hundert Jahren muss es wohl in der französischen Delegation zu einem heftigen Antagonismus in der Frage gekommen sein, ob die Brille von Leo Trozki nicht doch besser hätte eckig sein sollen. Bis die Linke in dieser Frage keine gemeinsame Position in einer breiten Debatte in den Gremien und an der Basis erarbeitet hat, fehlt jede Vertrauensgrundlage für eine dauerhafte Aufrechterhaltung einer Einheitsfront. Das muss man verstehen – und niemand kann dafür mehr Verständnis aufbringen als Macron und Le Pen.

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