Wie Emmanuel Macron den Franzosen die Wahl klaute…

Gestern ernannte der Herrscher über die Franzosen den Konservativen Michel Barnier zum Regierungschef und stellt damit die jüngsten Wahlergebnisse auf den Kopf.

Frankreichs neuer Premierminister Michel Barnier wird die "Macronie" auch nicht retten können. Foto: Eurojournalist(e) / CC-BY 2.0

(KL) – Auch der neue französische Regierungschef Michel Barnier wird die „Macronie“ nicht retten können und der Herrscher über die Franzosen hat sich mit der Ernennung Barniers in eine völlige Abhängigkeit vom rechtsextremen Rassemblement-ex-Front National begeben. Denn ohne deren Wohlwollen wird Barnier nicht einmal die ersten Wochen als Premierminister überstehen. Und somit hat es Emmanuel „Jupiter“ Macron geschafft, das Wahlergebnis der von ihm selbst hektisch organisierten Neuwahlen auf den Kopf zu stellen. Abgesehen davon, dass Barnier jetzt auf einem Schleudersitz von Rechtsextremen Gnaden sitzt, wird sich die politische Auseinandersetzung bereits ab Samstag wieder auf die Straße verlagern. Die Schuld an dem kommenden Chaos trägt ganz alleine Emmanuel Macron, der ganz offensichtlich auf Frankreich, die Franzosen und die Demokratie pfeift. Und damit läutet Macron nicht nur das Ende der V. Republik ein, sondern auch das Ende seiner eigenen politischen Karriere. Denn der Mann ist seiner Aufgabe als Präsident Frankreichs nicht gewachsen.

Michel Barnier ist ein Politiker mit viel Erfahrung. Ehemaliger Außenminister, EU-Kommissar, Chefunterhändler der EU beim Brexit – der Mann bringt wirklich viel Erfahrung und umfangreiche Netzwerke mit. Einziges Problem – weder Barnier noch seine Partei „Les Républicains“ sind am 30. Juni und 7. Juli für irgendetwas gewählt worden. Dass Macron ihn nun ausgewählt hat, ist zwar verfassungsmäßig sein gutes Recht, doch diese Ernennung ist ein undemokratischer Skandal.

Macron hat sich nun selbst bereits wieder ohne Not das nächste Problem organisiert. Denn Barnier wird nur so lange Regierungschef bleiben, wie die Rechtsextremen ihm nicht das Mißtrauen aussprechen und den Preis für ihr Stillhalten haben die RN-ex-FN-Oberen Macron bereits mitgeteilt. Zum einen wollen die Rechtsextremen, dass man „höflich“ mit ihnen umgeht und dann muss der neue Regierungschef an einer Verfassungsreform arbeiten, mit der das Verhältniswahlrecht eingeführt werden soll. Dazu soll er natürlich an den Themen arbeiten, die das RN-ex-FN interessieren. Und dann, so die Rechtsextremen, wird man von Abstimmung zu Abstimmung entscheiden. Und das bedeutet nichts anderes, als dass die Rechtsextremen künftig die „Macronie“ vor sich hertreiben können, wie es ihnen passt. Die von Macron propagierte „Stabilität“ setzt voraus, dass sich seine zusammengeschrumpfte Fraktion künftig bei allen Entscheidungen dem Plazet der Rechtsextremen unterwirft, die damit faktisch die Macht in Frankreich übernehmen. Denn die „Macronie“ hat selbst mit ihren Partnern keine Mehrheit im Parlament und ist auf Stimmen aus der Opposition angewiesen.

Das größte Problem an dieser Situation ist, dass Macron alle Ergebnisse der von ihm selbst organisierten vorgezogenen Neuwahlen in den Wind schießt. Zwischen dem 9. Juni und dem 7. Juli kassierte die „Macronie“ bei zwei Wahlen und drei Wahlgängen ebenso viele Klatschen – die „Macronie“ wurde von den Franzosen abgewählt. Dass Macron nun mit Barnier den Vertreter einer der kleinsten Parteien in der Nationalversammlung zum konservativen Regierungschef ernennt, entspricht in keinster Weise dem Wahlergebnis, das Macron offensichtlich völlig egal ist. Diesen Präsidenten interessiert der von über 70 % der Franzosen ausgedrückte politische Wille nicht im Geringsten, das einzige, was ihn interessiert, ist wie er sich und seine Partei trotz der Wahlniederlagen an der Macht halten kann. Womit sich Frankreich, was die Einhaltung demokratischer Gepflogenheiten angeht, ungefähr auf das Niveau von Russland begibt.

Es ist richtig, dass die Wahlen keinen eindeutigen Sieger hatten. Aber sie hatten einen eindeutigen Verlierer, die „Macronie“ und ihre Kandidaten, von denen es etliche nur deshalb in die Nationalversammlung schafften, da sich die linken Kandidaten der „Neuen Volksfront“ vor dem zweiten Wahlgang zurückgezogen hatten, weil sie an die „republikanische Brandmauer“ gegen die Rechtsextremen geglaubt hatten, die der Präsident ihnen vorgegaukelt hatte. Dass sich dieser Präsident nun dafür entscheidet, seinen Machtapparat ab sofort vom guten Willen genau dieser Rechtsextremen abhängig zu machen, ist einer der größten Skandale der V. Republik und disqualifiziert Macron für alle künftigen Ämter auf französischer oder europäischer Ebene.

Große Ansprachen und Tipps für Drittländer zu Themen wie „Demokratie“ oder „Werten“ kann sich Macron künftig schenken, es wird ihn ohnehin niemand mehr ernstnehmen. Wie lange sich sein neuer Regierungschef, dessen Aufgabe es in erster Linie sein soll, den Rest der politischen Landschaft für den Herrscher über die Franzosen zu zerstören, in seinem Amt halten kann, das muss Macron seine neuen Chefs vom RN-ex-FN fragen. Der Mann wirft Frankreich in die Fänge derjenigen, von denen er fälschlicherweise behauptet hatte, er wolle sie bekämpfen und das wird Frankreich nicht vergessen.

Mag sein, dass sich Macron mit seinen Tricks noch bis zum Ende seiner Amtszeit 2027 im Elysee-Palast halten kann. Aber politisch ist der Präsident seit gestern bereits Geschichte. Denn jetzt hat er die Franzosen lange genug an der Nase herumgeführt. Und das mögen die Franzosen nicht.

Kommentar hinterlassen

E-Mail Adresse wird nicht veröffentlicht.

*



Copyright © Eurojournaliste