Wie entstehen „Fake News“?
„Fake News“ werden ein immer größeres Problem. Doch die Hauptschuld an diesem Phänomen tragen nicht etwa betrügerische Journalisten, sondern Politiker, die versuchen, die Wählerschaft zu manipulieren.
(KL) – Am Montagabend ging ein Aufschrei durch die sozialen Netzwerke. Die grüne Stadtregierung Straßburg, so berichtet der gescheiterte OB-Kandidat Alain Fontanel (LREM), würde für die kommenden sechs Jahre das sommerliche „Licht&Sound-Spektakel“ rund um das Straßburger Münster annullieren. Und, so berichtete Fontanel in seinem Facebook-Post, ohne dass diese Entscheidung irgendetwas mit der sanitären Krise zu tun habe. Eifrig übernahmen lokale Medien diese Meldung und die Reaktionen der Straßburger ließen nicht lange auf sich warten. Nur – an der „Information“ war nicht viel dran – im Gegenteil: Es ist schwer, mehr Unwahrheiten in einen kurzen Post zu packen… Und genau so entstehen „Fake News“.
Nun stellt sich aber die Frage, wer dafür verantwortlich ist, dass derartige Falschinformationen in Umlauf kommen. Und siehe da, es sind nicht etwa die bösen Journalisten, die versuchen ihre Leserschaft zu manipulieren, sondern es sind diejenigen, die sich am lautesten darüber beklagen, dass es „Fake News“ gibt – die Politiker. Doch dieser Fall ist ein Schulbeispiel dafür, wie „Fake News“ entstehen. Ein Politiker, der meint, die Gelegenheit sei günstig, seinen politischen Gegner zu diskreditieren, posaunt eine falsche Information in die Welt, wissend, dass sich seine Anhänger darauf stürzen und diese verbreiten werden.
Dass dies wissentlich und nicht etwa „irrtümlich“ geschah, erkennt man daran, dass der Autor des Posts innerhalb der Stunden nach Veröffentlichung mindestens 7 Mal den Post leicht veränderte, wobei allerdings die zentralen Falschaussagen beibehalten wurden.
Es ist schon ein starkes Stück, dass sich Politiker über „Fake News“ beschweren, diese allerdings in Serie selbst produzieren. In den letzten Jahren gab es einen einzigen größeren Fall, in dem ein Journalist eine Story komplett erfunden hatte – der Fall Relotius, der eine Reportage im SPIEGEL veröffentlicht hatte, die schlicht erfunden war. Doch „Fake News“ entstehen dort, wo sich die öffentlichen Kommunikationsstellen unklar ausdrücken oder sogar Falschmeldungen absetzen. Und das passiert an vielen Stellen.
Vor Jahren arbeitete der Autor dieser Zeilen in einer halbstaatlichen Einrichtung als Kommunikationschef – und dort mussten Pressemitteilungen geschrieben werden, bevor die jeweiligen Veranstaltungen stattgefunden hatten, da mehrere Ministerien und andere Stellen ihr OK geben mussten. Über eine Veranstaltung zu berichten, die noch nicht einmal stattgefunden hat, auch das ist eine Form der „Fake News“. Doch ist der Journalist, der eine solche „Information“ verbreitet, der Schuldige an dieser „Fake News“ oder die Institution, die dieses verlangt?
Der Aufbau von Feindbildern („Lügenpresse“ etc.) nützt überhaupt nichts, so lange diejenigen, die zu kommunizieren haben, falsche, halbwahre und ab und zu wahre Informationen an die Presse versenden. Es wird höchste Zeit, die Beziehungen zwischen den öffentlichen Stellen und den Medien neu zu definieren – denn gegen „öffentliche Fake News“ kann auch der beste Journalist nicht viel machen. Doch sollten diejenigen, die am lautesten über „Fake News“ jammern, einmal ihre eigene Art zu kommunizieren hinterfragen…
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