Wie gewinne ich die Herzen der Bevölkerung?

Frankreichs Regierung macht es vor: Wie man sich mit höchst unpopulären und emotional empörenden Entscheidungen als die starke und führende Kraft im Land positioniert. Oder es zumindest versucht.

Trauernde Eltern als Spielball sinistrer politischer Manöver? Foto: Hermann-Paul / Smithonian American Art Museum / Wikimedia Commons / PD

(KL) – Ja, ja, alle Welt meckert in Frankreich. Da beschließt die Regierung, dass die Freistellung vom Arbeitsplatz für Eltern, deren Kind gestorben ist, nicht von 5 auf 12 Tage verlängert werden muss, da dies eine „weitere Belastung für die Unternehmen“ darstellen würde. Vorgetragen wurde diese Entscheidung von Arbeitsministerin Muriel Pénicaud, deren eiskalter Umgang mit dieser unendlich tragischen Thematik den Franzosen bitter aufgestoßen ist.

Das wohl größte denkbare Unglück, der Tod eines Kindes, trifft rund 4500 Mal pro Jahr Eltern in Frankreich. Momentan steht Eltern bei einem solchen Schicksalsschlag eine Freistellung von der Arbeit für 5 Tage zu. Die Zentrums-Fraktion UDI-Agir hatte vorgeschlagen, diese Freistellung aufgrund der besonderen Schwere der Situation auf 12 Tage zu verlängern. Auch, wenn weder 5, noch 12 Tage ausreichen, um nach so einem Schicksalsschlag wieder Boden unter die Füße zu bekommen, stimmte die Mehrheit der Macron-Partei LREM gegen diesen Vorschlag, um die Unternehmen nicht zu belasten. Und da auch der Staat keine Lust verspürt, Menschen in einer solchen Notsituation solidarisch zur Seite zu stehen, hieß es eben „nein“.

Nach einigem Hin und Her schlug die Regierung in einem Anfall von Großmut vor, dass in solchen Fällen die Kollegen und Kolleginnen Urlaubstage für die betroffenen Eltern spenden dürfen. Das ist schon ziemlich krasser Macronismus – soziale Aufgaben werden nicht mehr vom Staat oder von den Arbeitgebern finanziert, sondern von den Arbeitnehmern unter sich.

Der Mangel an Empathie mit den sozial schwachen Bevölkerungsschichten, der Emmanuel Macron und seiner Regierung vorgeworfen wird, hat System. Der Präsident zeigt seinem Volk, was eine Harke ist und dass für ihn alles geht. Bereits zum Amtsantritt hatte der das Wohngeld um 5 € gekürzt, eine Maßnahme, die zwar keinerlei Geld in die Kassen spülte, dafür aber den ärmeren Franzosen die Nachricht überbrachte, dass ab sofort ein anderer Wind weht. Und jetzt trauernden Eltern nur ein „Kopf hoch, wird schon wieder, schnell zurück an die Arbeit!“ entgegen zu bringen, das ging gar nicht.

Auftritt Emmanuel Macron: „Das geht gar nicht. Die armen Eltern. Das überarbeitet ihr aber bitte nochmal.“ Uff, der Vater der Nation hat sich gekümmert. Die böse Hexe Pénicaud muss kleinlaut den Besen wegstellen, das Parlament muss nochmal die Nase in den Text stecken und dann wird alles gut. Dank Super-Manu. Entweder war die ganze Nummer von der Kommunikationsabteilung des Elysee-Palasts von Anfang an inszeniert worden, um Macron als den Retter der trauernden Nation darzustellen, oder aber die Kommunikationsberater des Präsidenten ticken nicht ganz richtig. Trauernde Eltern zu verhöhnen, das kann keine Kommunikationsstrategie sein. Das hat schon eher was mit menschlichem Versagen und politischer Instinktlosigkeit zu tun.

Das Team des Präsidenten hatte sicher andere Pläne. Wer wie ein harter Hund auftritt, der strahlt Entschlossenheit, Selbstbewusstsein und Handlungsfreude aus. Klasse Image für Politiker. Empathie? Das ist nur was für Weicheier. Wahlen stehen vor der Tür. Das war es eine tolle Gelegenheit, den Franzosen noch einmal zu beweisen, dass ihre Regierungsmannschaft aus ganz schön harten Hunden und Hündinnen besteht. Operation „Leckt uns, trauernde Eltern“ war so gesehen ein voller Erfolg. Und die Bevölkerung soll die Regierung ja schließlich nicht lieben, sondern fürchten. Sorry, unser Fehler, das hatten wir nicht richtig verstanden…

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