Wie historisch ist die „historische“ Kilmaeinigung von Paris?

Die Menschheit hat sich in Paris auf ein Abkommen zum weltweiten Klimaschutz geeinigt. Das ist großartig, doch erst die Umsetzung wird zeigen, wie ernst es der Weltgemeinschaft wirklich ist.

Frankreichs Präsident und sein Außenminister haben alles bei der COP21 gegeben. Foto: (c) Présidence de la République

(KL) – Sie haben sich alle erdenkliche Mühe gegeben, einen Konsens bei der „COP 21“ in Paris zu finden. Das ist gut, sehr gut sogar, und wer die müden Gesichter am Samstagabend in Paris sah, der merkte, dass sich die Delegierten wirklich bemüht hatten, in den zwei Wochen der Konferenz ein Ergebnis zu erzielen. Doch ob es am Ende wirklich die „weltweite Klimawende“ werden wird, die in Paris gefeiert wurde, das wird sich erst in der Praxis zeigen. Es wäre nicht das erste Mal, dass es bei großartigen Ankündigungen bleibt.

Alle 196 teilnehmenden Staaten haben sich geeinigt, dass die Klimaerwärmung im Vergleich zum Ende des 19. Jahrhunderts unter 2 Grad gedrückt werden soll und in der Folge möchte man diesen Temperaturanstieg in Bodennähe auf 1,5 Grad begrenzen. Allerdings sagen Experten für die nächsten Jahrzehnte eine Erwärmung von 2,7 Grad voraus. Doch es war in Paris sehr schwierig, sich auf verbindliche Maßnahmen zu verständigen, mit denen dieses ehrgeizige Ziel auch tatsächlich erreicht werden kann.

So war alles, was man zum Thema CO2-Emissionen hinbekam, eine Formulierung, dass „der Höhepunkt der CO2-Emissionen so schnell wie möglich erreicht werden soll“, bevor diese dann gesenkt werden sollen. Was im Klartext nichts anderes heißt, als dass man akzeptiert, dass die Klimabelastungen als allererstes einmal ungebremst weitergehen, bevor man dann aktiv werden will. Diese wachsweiche Formulierung wurde auch von verschiedenen Umweltverbänden kritisiert – zumal der entsprechende Vertrag zu der Einigung von Paris erst 2016 unterschrieben und erst ab 2020 umgesetzt werden soll – wenn das ohnehin von niemandem beachtete Kyoto-Protokoll ausläuft. Und – 2020 dürften etliche derjenigen, die diese Einigung und sich selbst feierten, schon gar nicht mehr am politischen Ruder stehen, was wiederum bedeutet, dass die Umsetzung der Beschlüsse von Paris ebenso fraglich ist wie die Einrichtung des 2008 beschlossenen „Afrika-Hilfsfonds“, der damals lautstark gefeiert wurde, nur leider nie mit den zugesagten Mitteln gefüllt und umgesetzt wurde.

Die „weltweite Klimawende“, also der Ausstieg aus fossilen Energieträgern wie Kohle, Gas und Öl, ist damit zwar im Visier der Weltgemeinschaft, doch wenn man bedenkt, dass ein Land wie Indien den aus günstiger Kohle gewonnen Strom dazu verwenden will, soziale Probleme des Landes zu lindern, entstehen hier bereits die ersten Zwickmühlen. So war es dann auch Indien, das den größten Widerstand gegen eine schärfere Formulierung des Beschlusses verhinderte.

Dazu stellt sich die Frage, ob diese „weltweite Klimawende“ nicht mit einer Renaissance der Atomkraft einher gehen wird. Denn nicht alle 196 Staaten teilen die europäische Begeisterung für erneuerbare Energien, ja, nicht einmal die europäischen Staaten sind sich zu dem Thema einig – ein Blick auf den französischen Atompark reicht, um zu sehen, dass hier noch weitaus mehr Diskussionsbedarf besteht, als die „COP21“ in Paris leisten konnte.

Sehr erfreulich ist hingegen, dass erstmals von der Weltgemeinschaft anerkannt wurde, dass besonders ärmeren Ländern große Schäden durch den Klimawandel entstehen – wobei die USA und andere Länder darauf bestanden, dass sich aus dieser Anerkennung kein rechtlicher Anspruch ergeben könne, den diese ärmeren Länder gegenüber den großen Weltverschmutzern und Klimasündern geltend machen können. Allerdings hat man sich darauf verständigt, dass bis zur nächsten Klimakonferenz, bei der dann das entsprechende Abkommen unterzeichnet werden soll, Projekte erarbeitet werden sollen, wie man mit diesem Problem umgehen kann, beispielsweise durch den Abschluss von Unwetterversicherungen durch die reicheren Staaten, in deren Genuss dann ärmere Länder kommen könnten, wenn bei diesen durch den Klimawandel verursachte Umweltschäden eintreten.

Dann werden die Beschlüsse dann aber doch konkreter – beispielsweise durch die Einrichtung weltweiter Frühwarnsysteme für Umweltkatastrophen oder die Bereitstellung von 100 Milliarden Dollar pro Jahr durch die großen Industrienationen und Großunternehmen, mit denen die Energieversorgung von Regionen umgestellt werden soll, die besonders vom Klimawandel bedroht sind und die selber nicht über die Mittel verfügen, solche Umstellungen vorzunehmen. Jetzt muss man abwarten, ob das Geld tatsächlich in diesem geplanten Fonds ankommt – was ein echter Durchbruch wäre.

Zahlreiche weitere Punkte wurden in Paris beschlossen, von einer vereinheitlichten Auskunftspflicht für Treibhausgas-Emissionen über die Anerkennung der überwiegenden Verantwortung der Industrienationen für den Klimawandel (aus der sich eine besondere Verpflichtung ergibt, aktiv zu werden) und vieles mehr.

Alles in allem hat die „COP21“ das Zeug, tatsächlich einen historischen Wendepunkt darzustellen, zumindest auf dem Papier. Doch, wie so oft im Leben, wird erst die Praxis zeigen, ob es sich um „politische Kommunikation“ oder wirklich um einen Durchbruch handelt. Der Welt wäre zu wünschen, dass es sich um Letzteres handelt.

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