Wie lange kann sich Boris Johnson noch halten?

Während die Rufe nach dem Rücktritt des seltsamen Premierminsters immer lauter werden, versucht dieser abzulenken, indem er zum 27. Januar das Ende der Pandemie ausruft.

"Mein Gott, hau endlich ab!", so der Tenor der britischen Presse... Foto: U.K. Prime Minister / Wikimedia Commons / OGL 3

(KL) – Für Boris Johnson wird die Luft immer dünner. Selbst in seiner konservativen Partei, den Torys, wird der Widerstand gegen den Politclown immer deutlicher. „Mein Gott, hau endlich ab!“ titeln die großen britischen Zeitungen. Auslöser für die Welle der Entrüstung sind nicht nur die Partys, die Johnson mit seinen Freunden veranstaltete, während sich der Rest des Landes im Lockdown befand – viel ärgerlicher empfinden die Briten die geradezu lächerlichen Rechtfertigungsversuche des Premierministers, bei denen viele seiner Landsleute das nachvollziehbare Gefühl haben, dass sich Johnson über die lustig macht.

Doch der Ruf nach Johnsons Rücktritt hat noch tiefer greifende Gründe als „nur“ die Nichteinhaltung der von ihm selbst verhängten sanitären Regeln. Nach einem Jahr des Brexit beginnen die Briten langsam zu begreifen, was sie sich mit dem Brexit selbst angetan haben. Leere Regale, politische und wirtschaftliche Isolation, die drohende Abspaltung Schottlands und das Wiederaufflammen der Irland-Frage, Inflation, tiefe soziale Brüche im Land – all das vergiftet den Briten momentan das Leben. Bisher gibt es keinen greifbaren Vorteil, der sich für die Briten durch den Brexit ergeben hätte, dafür aber eine lange Serie von Belastungen.

Natürlich merken die Briten inzwischen, dass Johnson und seine Kumpane diesen Brexit nicht im geringsten vorbereitet haben. Dass die britischen Regierungen von Cameron über May bis Johnson überhaupt kein Konzept für ihren Brexit hatten. Allerdings muss man festhalten, dass niemand die Briten gezwungen hat, Boris Johnson die Schlüssel für das Land in die Hand zu drücken. Konnte man das erste Brexit-Referendum 2016 noch als „Betriebsunfall“ abtun, bei dem mancher Brite aus Protest bei einem Referendum ohne legalen Wert abgestimmt hatte, so hatten de Briten danach die Möglichkeit, diesen Fehler zu korrigieren. Doch statt den Brexit zu verhindern, wählten die Briten Boris Johnson.

Die Frage lautet nun, wie es weitergehen soll. Dass Boris Johnson nun die Briten milde stimmen will, indem er zum 27. Januar die Pandemie für beendet erklärt und sämtliche sanitären Maßnahmen abschafft, wird politisch nicht viel verändern. Denn man muss kein Nobelpreisträger sein um zu verstehen, dass des der Pandemie herzlich egal sein dürfte, ob nun ein Boris Johnson sie mitten in der 5. Welle für beendet erklärt. Die Frage ist nur, ob die Briten für alles, was ihnen gerade widerfährt, Boris Johnson oder den Londoner Nebel verantwortlich machen.

Die Soziologen, Politologen und Psychologen werden noch lange rätseln, wieso die Briten ausgerechnet Boris Johnson zum Regierungschef gemacht haben. Man kann den Inselbewohnern nur wünschen, dass sie diesen Mann loswerden, bevor er das Vereinte Königreich endgültig in seine Einzelteile zerlegt hat. „Mein Gott, hau endlich ab!“

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