Wie peinlich ist das denn?

Die Bundesrepublik weigert sich seit Jahren beständig, Entschädigungen für die in „Deutsch-Südwestafrika“, dem heutigen Namibia, verübten Gräueltaten zu zahlen. Dabei wäre das eigentlich das Mindeste.

Den ersten Völkermord des 20. Jahrhunderts beging Deutschland im heutigen Namibia. Foto: unbekannter Fotograf / Wikimedia Commons / PD

(KL) – Das letzte Jahrhundert war gerade einmal vier Jahre alt, als die deutsche Kolonialmacht in „Deutsch-Südwestafrika“, dem heutigen Namibia, das tat, was Deutschland danach ein halbes Jahrhundert lang überall dort tun sollte, wo sich eine Gelegenheit bot – Völkermord und Massaker. Zwischen 1904 und 1908 ermordeten die Kolonialherren Zehntausende Hereros und Namas. Außer ein paar wohlfeilen Gesten und schwammigen Aussagen hat sich Deutschland gegenüber Namibia verstockt gezeigt. Nun hat der namibische Präsident Hage Geingob Deutschland die Leviten gelesen. Ob es etwas nützt?

Der ganze Vorgang ist nur noch peinlich, dabei haben sich die Historiker schon lange darauf verständigt, dass das, was die deutsche Kolonialmacht im heutigen Namibia anrichtete, als „Völkermord“ zu bezeichnen ist. Wo ist dann bitteschön das Problem, diesen Völkermord anzuerkennen und das Land und die Hinterbliebenen zu entschädigen? Man kann nicht einerseits den türkischen Genozid in Armenien im Bundestag anprangern, sich gleichzeitig aber aus der Verantwortung gegenüber Namibia stehlen.

Erst seit 2015 wird überhaupt über Entschädigungen zwischen Deutschland und Namibia verhandelt. 2018 wurden dann Vertretern der namibischen Regierung in Berlin die sterblichen Überreste von 27 getöteten Hereros übergeben, wobei es die Bundesregierung schaffte, sich nicht einmal offiziell zu entschuldigen. Offensichtlich fürchtete man damals bereits finanzielle Forderungen Namibias, was die Bundesregierung dazu brachte, sich zu verhalten wie ein verhafteter Mafioso – „nur nichts zugeben, was juristisch gegen dich verwandt werden könnte“.

Ein Jahr später fand Bundesratspräsident Daniel Günther (CDU) eine wachsweiche Formulierung, als er sagte, dass die Schrecken, den Deutsche insbesondere an Hereros und Nama verübt haben, unvergessen bleiben. Eine Entschuldigung? Fehlanzeige. Dass die deutschen Verbrechen in Namibia unvergessen bleiben, wen wundert’s? Vor allem in Namibia wird man sich ,noch lange an die Zehntausenden Opfer der deutschen Großmannssucht erinnern…

Nach einem Bericht von n-tv geht es in den Verhandlungen unter anderem um die richtige Wortwahl und auch in diesen Gesprächen benimmt sich Deutschland weiter wie im Jahr 1904 – die deutsche Seite besteht darauf, dass in einer Einigung zwischen beiden Ländern das Wort „Reparationen“ nicht auftauchen darf. Man möchte doch einen anderen Begriff verwenden. Warum, das ist völlig offen. Ein nun von der Bundesregierung vorgelegtes Angebot, über dessen Inhalt weder die Bundesregierung noch die namibische Seite Details durchsickern ließen, wurde von Präsident Hage Geingob abgelehnt.

Stand heute, 112 Jahre nach diesem Völkermord, hat sich Deutschland weder offiziell bei Namibia entschuldigt, noch Entschädigungen gezahlt und auch diesen Völkermord nicht offiziell anerkannt. Wäre Namibia nicht Namibia, sondern ein erdölproduzierendes Land, dann wäre dies mit Sicherheit bereits erfolgt.

Diese Peinlichkeit kann nur dadurch repariert werden, dass Deutschland a) den Kolonial-Völkermord an den Herero und Nama offiziell anerkennt, b) sich offiziell bei Namibia für diesen Völkermord entschuldigt und c) eine angemessene Entschädigung an Namibia zahlt, beispielsweise in einen Fonds, der die Hinterbliebenen der Ermordeten entschädigt.

112 Jahre nach diesem Völkermord ist es nicht zu früh, diese historisch einwandfrei belegten Tatsachen anzuerkennen und sich entsprechend zu verhalten..

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