Wie schade, dass Rio Reiser nicht mehr lebt…

Am Samstag hätte Rio Reiser, der Sänger der Kultband der 70er und 80er Jahre „Ton-Steine-Scherben“ seinen 66. Geburtstag gefeiert. Wäre er nicht schon 1996 gestorben.

"Ton-Steine-Scherben" waren Kult. Zum 20. Todestag von Sänger Rio Reiser ist das "Gesamtwerk" der Band erschienen. Foto: Michael Fiegle / Wikimedia Commons / CC-BY-SA 4.0int

(KL) – Viele verbinden die Namen „Ton-Steine-Scherben“ und Rio Reiser nur mit hartem Anarcho-Rock und damit, dass die Band in den 70er und 80er Jahren die Kultband der linken und Hausbesetzerszene in Deutschland war, zu einer Zeit, als Deutschlands und Europas Jugend gegen den Muff der Nachkriegsgeneration rebellierte. Doch beide, die Band und Rio Reiser, hatten noch wesentlich mehr Facetten als nur den Slogan „Macht kaputt, was euch kaputt macht!“.

„Ich hab geträumt, der Winter wär vorbei, du warst hier und wir waren frei, und die Morgensonne schien…“ – auch das war Ton-Steine-Scherben, die Band, die mit ihrem Sänger Rio Reiser die Poesie der Revolution vertonte. Das dazugehörige Doppelalbum, das der Einfachheit halber nur „Ton-Steine-Scherben“ hieß und statt in einem aufwändig gestalteten Cover in schlichtem Karton daher kam, durfte damals in keiner WG fehlen. Verständlich, denn dieses Album beinhaltete alle deutschsprachigen Hymnen der damaligen Jugendrevolte und die Texte kannte man, so wie die Eltern „Die Glocke“ von Schiller fehlerfrei aufsagen konnten.

„Ton-Steine-Scherben“, das war damals etwas radikal Neues. Deutschsprachiger, guter Rock mit hoch- und höchstpolitischen Texten, die eine Art Chronik des „Häuserkampfs“ darstellten, der von Berlin und Amsterdam aus durch ganz Europa schwappte und sogar fragende SPIEGEL-Titelseiten provozierte, denn das Establishment wunderte sich, warum plötzlich überall Häuser besetzt wurden und die Jugend protestierend auf die Straße ging. Die Songs von Ton-Steine-Scherben, von Rio Reiser mit seinem schnodderigen Berliner Akzent intensiv vorgetragen, drehten sich um das legendäre Georg-von-Rauch-Haus in Berlin, um Spekulanten, denen man es zeigen sollte, um die Revolution an sich und als solche („Die letzte Schlacht gewinnen wir“), ums Schwarzfahren („BVG-Song“) und letztlich um ein umfassendes Lebensgefühl, das damals große Teile der Jugend erfasst hatte.

Zum 20. Todestag von Rio Reiser bringt nun der „David Volksmund / Indigo“ eine CD-Sammlung mit dem Gesamtwerk von „Ton-Steine-Scherben“ heraus. Auf 13 Scheiben findet der Nostalgiker alles, was die Band je aufgenommen hat – und für Puristen gibt es das Ganze auch auf Schallplatten! Das „Gesamtwerk“ kann man bei Amazon bestellen (und dabei hoffen wir, dass sich Rio Reiser beim Gedanken an diesen kommerziellen Bestellweg nicht im Grab umdreht…).

Also, Rio, die Revolution hat zwar nicht stattgefunden, aber es gibt immer noch viele, die wehmütig an dich denken. Denn irgendwie war das schon eine geile Zeit damals…

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