Wie soll das Baby denn nun heißen?

Die Namensgebung der neuen französischen Großregion bereitet Kopfzerbrechen. Die drei Bezeichnungen, über die nun abgestimmt wird, lösen keine Begeisterungsstürme aus…

Was wird hier angebaut? "Neuaustrasischer Wein"? "Rhein-Champagner-Wein?" Oder gar "Alcalischer Wein"? Klingt irgendwie nach Batteriesäure und blöd... Foto: Lamoi / Wikimedia Commons / CC-BY-SA 4.0int

(KL) – Nun ist die französische Gebietsreform also umgesetzt worden und seit dem 1. Januar 2016 spricht man in der Region von „ACAL“, was für „Alsace-Champagne-Ardenne-Lorraine“ steht. Doch diese Bezeichnung ist nicht endgültig. Also wurden Komitees gegründet, Verfahren erdacht, Prozeduren eingerichtet, damit das Baby auch einen Namen bekommt. Den dürfen die Menschen in der Region zwar in Paris vorschlagen, doch entscheiden wird alleine Paris. Wo kämen wir denn hin, wenn die Menschen in einer Region selber entscheiden dürften, wie ihre Region heißen soll?

Drei Vorschläge wurden also jetzt aus der unübersichtlichen Anzahl Namensideen ausgewählt. Der erste Vorschlag lautet „Acalie“. Acalie? Klar, in diesem Vorschlag findet man die Anfangsbuchstaben der drei Unterregionen, aber wofür soll „Acalie“ stehen? Und wer soll künftig sagen, „wir fahren am Wochenende in die Acalie“ statt „wir fahren ins Elsass“ (oder nach Lothringen oder in die Champagne oder in die Ardennen)? „Ah, süße Acalie, wo wir uns in den Weinbergen liebten…“ bis Dichter so etwas schreiben und jemand versteht, was sie meinen, dürften noch ein paar Jahrhunderte ins Land gehen.

Zweiter Vorschlag: „Rhin-Champagne“. Hm. Rhin, OK, da sind wir im Elsass. Allerdings fließt der Rhein NUR entlang des Elsass und weder Lothringen noch die Champagne-Ardenne haben einen wie auch immer gearteten Bezug zum europäischsten aller Flüsse. Und – wo bleibt Lothringen in dieser Bezeichnung? Haben die Lothringer wirklich Lust darauf, der weiße Flecken auf der Landkarte der neuen Region zu sein, die zwischen Rhein und Champagne liegt? Dieser Vorschlag dürfte in Metz, Nancy, Forbach und Thionville als ziemlich respektlos aufgefasst werden.

Dritter Vorschlag: „Nouvelle Austrasie“. Was so klingt wie eine unglückliche Zusammenstellung aus „Neuseeland“ und „Australien“ hat zwar so etwas wie einen historischen Hintergrund, denn bereits zwischen dem 6. und dem 8. Jahrhundert gab es eine Gebietsbezeichnung „Austrasie“, in der sich auch die drei Unterregionen der neuen Großregion befanden. Und weil sich da niemand mehr so richtig dran erinnern kann und weil das schon eine ganze Weile her ist, hat man jetzt eben „Nouvelle“ davor geklatscht. „Nouvelle Austrasie“. Kann man prima in Fremdsprachen übersetzen: „Neu-Austrasien“. Oder „New Austrasia“. Klingt klasse. Aber sagen sie es mal laut: Am Wochenende fahre ich nach Neu-Austrasien. Dann klingt das nämlich nicht mehr klasse, sondern blöd. Abgesehen davon, dass sich, ähnlich wie für „Acalie“, niemand etwas darunter vorstellen kann.

Angesichts der Tatsache, dass es sich bei dieser Gebietsreform nicht um eine kulturelle Kernschmelze handelt (die bleibt Fessenheim vorbehalten und wenn sie dann stattfindet, muss sich ohnehin niemand mehr viele Gedanken um den Namen einer dann nicht mehr bewohnbaren Region machen…), wäre es vielleicht das Beste, beim etwas technisch klingenden „ACAL“ zu bleiben, der eine Verwaltungseinheit bezeichnet und ansonsten im Sprachgebrauch bei den bisherigen Namen zu bleiben. Wer ins Elsass fährt, der fährt ins Elsass und nicht nach „Neu-Austrasien“. Wer Reims in der Champagne besucht, wird auch künftig nicht in die „Acalie“ reisen. Und wer die stillgelegten Hochöfen Lothringens besichtigen möchte, der findet die sicherlich nicht in der „Rhin-Champagne“, sondern in Lothringen. Weswegen man „ACAL“ für alle verwaltungstechnischen Dinge nutzen könnte und ansonsten den drei betroffenen Regionen ihre Namen lassen könnte. Das wird nämlich so oder so passieren, egal, was Paris auch entscheiden mag.

1 Kommentar zu Wie soll das Baby denn nun heißen?

  1. Cette réforme continue comme elle a été initiée : dans le ridicule et le non sens. Mais effectivement pourquoi vouloir absolument trouver un nom à ce machin administratif? Celà a été dit par les inititeurs de la démarche de dénomination : il s’agit de créer une nouvelle identitée et culture régionale car ” l’économique a besoin plus que jamais de la culture pour s’épanouir et notamment de culture territoriale” (René Khan).

    A propos de l’utilité (nécessité selon l’auteur) de créer une nouvelle culture régionale, voici un texte éclairant sur l’idéologie sous-jacente (ou opportunément mise en oeuvre à cette occasion) à cette réforme :
    http://www.ovipal.com/blog/la-region-un-role-essentiel-pour-notre-quotidien

Hinterlasse einen Kommentar zu Jean Antworten abbrechen

E-Mail Adresse wird nicht veröffentlicht.

*



Copyright © Eurojournaliste