Wie uneuropäisch ist Deutschland?

Beim Treffen der Staats- und Regierungsschefs in Prag erntete Bundesolaf Scholz nicht nur freundliches Lächeln. Den deutschen „Doppelwumms“ empfindet Europa als unsolidarisch.

Den deutschen "Doppel-Wumms" (engl. Wham) empfinden viele Europäer als unsolidarisch. Foto: Dnh52 / Wikimedia Commons / CC-BY-SA 4.0int

(KL) – Der „Doppelwumms“, wie er genannt wird, ist ein 200-Milliarden-Euro-Paket, mit dem die Bundesregierung bis 2024 die Folgen der Energiepreis-Explosion abfedern will. In der Tat, die Folgen der Energieverknappung werden nun ganz langsam sichtbar und die weitere Entwicklung ist nur schwer verhersehbar, wobei nicht viel darauf hinweist, dass sich die Lage verbessern könnte. Das Problem, das viele Länder in Europa mit dem deutschen „Doppelwumms“ haben, ist klar – viele Länder können momentan nicht mal so 200 Milliarden Euro aus dem Ärmel schütteln oder sich zu Triple-AAA-Konditionen auf den Finanzmärkten besorgen.

Die Frage nach der europäischen Solidarität lässt sich nicht vermeiden. Die aktuelle Krisensituation ist eine verpasste Chance mehr, ein solidarisches Europa nicht nur in Sonntagsreden zu propagieren, sondern konkret in die Tat umzusetzen. Ein gemeinsamer europäischer Energiemarkt, mit gemeinsamem Einkauf von Ressourcen und der ganzen Power der Kaufkraft von 27 Ländern mit einer halben Milliarde Einwohner, mit einem gemeinsamen Management der verfügbaren Ressourcen dort, wo der größte Bedarf ist, ein gemeinsamer Preisdeckel für Gas, Strom, Öl – all das hätte Europa leisten können. Da sammelt die Bundesregierung mit ihrem nationalen „Doppelwumms“ nicht viele europäische Punkte.

Dass der lauteste Beifall für den deutschen Energie-Alleingang ausgerechnet von der ultranationalistischen, designierten italienischen Regierungschefin Georgia Meloni und ihrem Adlaten Salvini kommt, sollte Olaf Scholz auch zu Denken geben. Die beiden freuten sich, dass man nun wohl nachvollziehen könne, warum auch Italien, wie von ihnen angekündigt, nach dem Motto „Italy first“ handeln sollte – immerhin macht es Deutschland ja gerade vor.

Natürlich gibt es kein Gesetz und keine Vorschrift, die Deutschland hätte zwingen können, einen europäischen Energiemarkt auf den Weg zu bringen und gleichzeitig ein riesiges Signal für mehr gelebtes, solidarisches Europa zu geben. Aber wie viele verpasste Chancen verträgt die Europäische Union noch? Und wann soll europäische Solidarität konkret gelebt werden, wenn nicht jetzt, in einer Situation der multiplen Krisen, die kein Land mehr alleine lösen kann, wie man seit drei Jahren sieht?

Dass diese Solidarität von denjenigen kommen muss, die in dieser Situation den anderen helfen können, liegt in der Natur der Sache. Und so viele Länder gibt es in Europa nicht, die einen substantiellen finanziellen Beitrag zu einer „Energie-Union“ leisten könnten. Deutschland müsste die Lokomotive einer solchen Entwicklung sein und nicht etwa der Bremser. Doch die Weigerung, in die europäische Zukunft zu investieren, kann mittel- und langfristig sehr teuer werden.

Dass Olaf Scholz auf europäischer Ebene Sonderwege für Deutschland in Anspruch nimmt, das erinnert an die EU-Beitrittsverhandlungen mit Margaret Thatcher. Doch wohin deren Sonderwege das Vereinte Königreich geführt haben, das ist bekannt. Handelt Scholz so, weil er im Hintergrund von Finanzminister Christian Lindner getrieben wird und Scholz fürchtet, dass die Berliner Koalition an dieser Frage zerbrechen könnte? Denkbar wäre das, denn ein Blick auf die Umfragen zeigt, dass Olaf Scholz und die SPD momentan wirklich kein Interesse an einer Regierungskrise und Neuwahlen haben können.

Da nicht mit Entspannungen auf den Energiemärkten zu rechnen ist, sollte die Bundesregierung noch einmal darüber nachdenken, ob es nicht wesentlich sinnvoller wäre, die Energie-Knappheit und das Management der verfügbaren Ressourcen auf europäischer Ebene zu handhaben. Noch ist es nicht zu spät, Europa zu dem zu machen, was es sein könnte. Doch mit PR-Veranstaltungen wie der Gründung der „Europäischen Politischen Gemeinschaft“ hat man noch kein einziges Problem gelöst. Jetzt muss gehandelt werden und Deutschland muss mehr europäischen Mut an den Tag legen. So lange das überhaupt noch geht.

5 Kommentare zu Wie uneuropäisch ist Deutschland?

  1. Europa? Uii..

  2. Nun ja, nachdem man z.B. in Frankreich Brot, Grundnahrungsmittel und Renten mit 62 (hoffe, das stimmt so) seit Jahren subventioniert sehe ich eigentlich keinen Grund, dass Sie oder irgendwer auf DE einschlägt?

    • Tja, wenn niemand einen echten Anfang macht, dann wird das nichts mit Europa. Und wer sollte den Anfang machen, wenn nicht die “reichen” Länder? Es gibt in Europa eben nicht viele Länder, die 200 Milliarden Euro für einen “Doppelwumms” mobilisieren können.

  3. Echter Anfang mit Einheitsstandpunkt? Bei diesen 28 Buben? Es reicht ja ein Orban.. machen wir den Laden besser dicht, ist billiger für alle.

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