Wie vor 2000 Jahren…

Die Christenverfolgung nimmt weltweit zu – aber keiner will es wissen.

Christenverfolgungen gibt es seit 2000 Jahren - und sie dauern bis heute an. Foto: Anonymer Künstler / Wikimedia Commons / PD

(George Weber) – Mehr als 360 Millionen Christen sind im Augenblick weltweit Opfer von Verfolgung und Diskriminierung, 5.898 von ihnen wurden letzes Jahr gar wegen ihres Glaubens kaltblütig ermordet. Tendenz steigend. Das berichtet jedenfalls das christliche Hilfswerk „Open Doors“ in seinem gerade veröffentlichten Bericht, der den Zeitraum vom 1. Oktober 2020 bis zum 30. September 2021 erfasst. Die eigentliche Frage ist, warum interessiert das eigentlich kaum jemanden?

Richtigerweise wird in regelmäßigen Abständen in den Medien von der Verfolgung der Ouighouren berichtet, einer Minderheit islamischen Glaubens in China. Die französische Nationalversammlung hat kürzlich gar eine Resolution angenommen, in der sie diese Verfolgung als Genozid einstuft. Warum beschwert sich aber niemand über die 3000 Kirchen, die im Berichtszeitraum von den chinesischen Behörden zwangsweise geschlossen wurden? Als offizielle Begründung muss die Covid-19 Pandemie herhalten. Nur, auch vor der Pandemie wurden in China bereits 20.000 Gotteshäuser definitiv geschlossen.

Die Weltöffentlichkeit ist auch zu Recht über das Militärregime in Myanmar entsetzt, dass die dortige Minderheit islamischen Glaubens, die Rohinqyas, systematisch vertrieben hat. Wo aber liest man die Berichte, dass das dasselbe Regime christliche Kirchen bombardiert und deren Pastoren systematisch tötet? Immerhin wurden im Berichtszeitraum 200.000 Christen im Landesinneren vertrieben und 20.000 haben aus Furcht das Land verlassen.

Die Frage ist daher erlaubt, woher im Westen das Desinteresse an der weltweiten Christenverfolgung rührt. Warum löst Christenverfolgung keinen Aufschrei aus, warum wird kein Mahnmarsch organisiert, warum keine Solidaritätskundgebung abgehalten? Warum klagen wir die Religionsfreiheit, die uns in den westlichen Ländern so wichtig erscheint, nicht auch dort ein, wo Christen in der Minderheit sind?

Ein Grund könnte im so genannten „westlichen Schuldkomplex“ liegen. Abgesehen von den beiden oben genannten Beispielen finden Christenverfolgungen schließlich hauptsächlich in Ländern statt, die in der Mehrheit von Muslimen bevölkert sind. Unser schlechtes Gewissen suggeriert „uns“, dass „wir“ in diesen Ländern durch Kolonialismus und Ausbeutung „ewige Schuld“ auf uns geladen haben. Dabei wird vergessen, dass in vielen dieser Länder Christen die längere Geschichte haben.

Ein weiterer Grund könnte sein, dass Muslime die am stärksten wachsende Bevölkerungsgruppe in unseren westlichen Ländern darstellen. Christenverfolgung in mehrheitlich islamischen Ländern anprangern wird dadurch heikler, denn die Taten rücken plötzlich in die eigene Stadt, ja ins eigene Wohnviertel.

Es ist inzwischen bekannt, dass christliche Flüchtlinge aus dem Nahen Osten an deutschen Schulen von muslimischen Mitflüchtlingen regelmäßig gemobbt werden. In Asylheimen werden mitten in Deutschland christliche Flüchtlinge benachteiligt, gewaltsam angegriffen und gar mit dem Tode bedroht. Aber auch Übergriffe auf und Angriffe in Kirchen häufen sich. Kirchenfenster werden eingeworfen, Grabkreuze beschädigt, Weihnachtskrippen gestohlen. Jährlich werden in Deutschland laut Informationen der Katholischen Nachrichten-Agentur (KNA) etwa 2.000 Vorfälle gezählt. In Frankreich werden laut Informationen des Innenministeriums jeden Tag zwei Kirchen gewaltsam beschädigt. Bei den Tätern zeigt sich wiederkehrend das gleiche Bild. Entweder es sind jugendliche, muslimische Migranten oder aber einheimische Jugendliche muslimischen Glaubens, verführt von der Ideologie des Islamischen Staates (IS).

Natürlich herrscht in den westlichen Ländern (noch) keine systematische Christenverfolgung durch Muslime. Doch in der wachsenden Anzahl von Vorfällen sehen manche den Beginn eines heraufziehenden Kulturkampfes. Jedenfalls sollte man Fakten und Wahrheiten nicht totschweigen in der Hoffnung, dass sie damit von selbst verschwinden. Gefragt sind Offenheit und Klarheit, gerade auch in den Medien, und Gegenmaßnahmen, insbesondere von der Politik.

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