Wieder ein Erfolg für die Tabak-Lobby…
In vielen Ländern herrschen immer striktere Vorgaben für Raucher. Und nun wollten auch die europäischen Institutionen dem Rauchen weitere Riegel vorschieben. Vergeblich.
(KL) – In den USA sind Raucher schon seit Jahren geächtet, in Australien ebenfalls, Großbritannien hat ein Gesetz verabschiedet, nach dem niemand, der nach 2009 geboren wurde, jemals legal Tabakwaren kaufen kann, in Belgien und Portugal ist bereits das Rauchen auf Terrassen verboten und nun wollte auch die Europäische Union nachziehen. Doch die Empfehlungen, die von der EU-Kommission vorgeschlagen worden waren, wurden mit einer Mehrheit der konservativen EVP und rechtsextremen Abgeordneten abgelehnt.
Was die EU-Kommission vorhatte, fällt in das große Kapitel „rauchfreies Europa“. Allerdings hätte die Kommission, zusammen mit dem Parlament, nur Empfehlungen aussprechen können, denn für Gesundheitsfragen sind nach wie vor die Mitgliedsstaaten alleine verantwortlich.
Und was genau wollte die EU-Kommission empfehlen? Es sollten öffentliche Bereiche, auch an der freien Luft, künftig rauchfrei bleiben. Beispielsweise öffentliche Spielplätze, Freibäder, Haltestellen und Bahnhöfe, aber auch Café-Terrassen. Dabei sah die abgelehnte Empfehlung vor, das Rauchverbot nicht nur für Tabak, sondern auch für E-Zigaretten gelten zu lassen.
Das von der maltesischen Noch-EU-Kommissarin Helena Dalli angestrebte Ziel einer „rauchfreien Generation“ im Jahr 2040 muss also warten. Und somit müssen die EU-Mitgliedsstaaten einzeln entscheiden, was sie an Vorschriften oder Verboten erlassen. Man spürt deutlich den Einfluss der mächtigen Tabak-Lobby, denn die Ablehnung dieser Empfehlungen nützt nur denjenigen, die ihr Geld mit Tabak verdienen.
Aber liegt es im Interesse der europäischen Bürgerinnen und Bürger, wenn die gewählten EU-Abgeordneten nicht in ihrem, sondern im Interesse der Lobbys abstimmen? Das frisch gewählte EU-Parlament und die frisch bestätigte EU-Kommission beginnen die neue Legislaturperiode denkbar schlecht. Nicht nur, dass die Wiederwahl der Präsidentin der EU-Kommission skandlös war, nicht nur, dass die Zusammenstellung der neuen Kommissare postfaschistische Züge trägt – bereits zum Start dieser Legislaturperiode zeigen die Institutionen, wem sie sich verpflichtet fühlen. Nicht etwa den Europäerinnen und Europäern, die sie gewählt haben, sondern den Lobbys, die in Brüssel mit rund 30.000 Lobbyisten in Nadelstreifen vertreten sind und sich generell sehr großzügig zeigen.
Die Zeit bis zur nächsten Europawahl wird lang werden, es wird keinerlei bedeutende Reformen der Institutionen geben, man wird versuchen, diese vier Jahre so herumzubringen wie bisher. Dass dies eventuell das Ende der Europäischen Union bedeutet, so wie wir sie kennen, ist den Akteuren egal.
Schade, dass die europäische Politik ebenso chaotisch und inkompetent wie zur Zeit unsere nationalen Regierungen ist, man denke nur an Deutschland und Frankreich. Aber was soll’s – jetzt können in den meisten europäischen Ländern die Raucher erst einmal weiterqualmen. Bis zum nächsten Versuch, ein Gesundheitsthema europäisch anzugehen.
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