Die Luft für Boris Johnson wird immer dünner

Der „Supreme Court“ in London hat ein für Boris Johnson vernichtendes Urteil gesprochen – die temporäre Schließung des Parlaments war rechtswidrig.

Für Boris Johnson wird die politische Luft nun immer dünner - das britische Parlament kann wieder zusammenkommen! Foto: Julian Tysoe, London, UK / Wikimedia Commons / CC-BY 2.0

(KL) – In den letzten Wochen haben wir einen neuen Begriff gelernt – „Prorogation“. Dies ist die temporäre Schließung des britischen Parlaments, eine durchaus übliche Maßnahme, die es der Queen nach einem Regierungswechsel ermöglichen soll, ihre Thronrede bei der Wiedereröffnung des Parlaments vorzubereiten. Nur, in diesem speziellen Fall ging es nicht darum, der Queen eine kreative Redaktionspause zu gönnen, sondern das Parlament so lange auf Eis zu legen, bis Boris Johnson seinen „Hard Brexit“ durchziehen kann. Doch so wird das nicht hinhauen – und alle freuen sich, schon heute wieder das erfrischende „Oooooorder!“ von John Bercow zu hören.

Regierungsanwalt Lord Richard Keen versuchte zwar, dem Gericht klarzumachen, dass es sich auf ungewöhnliches Neuland begebe, wenn es Stellung zu dieser „Prorogation“ beziehe, doch all das nützte nichts – einstimmig kamen die 11 Richter am Obersten Britischen Gericht zu dem Ergebnis, dass Boris Johnson dieses Instrument nur dazu missbraucht hat, um das Parlament in der vielleicht wichtigsten Phase der Neuzeit für Großbritannien lahmzulegen.

Die Vorsitzende Richterin Lady Brenda Hale brachte es auf den Punkt: „Die Auswirkungen auf die Grundlagen unserer Demokratie waren extrem“ – und damit hat sie natürlich völlig Recht. Während Boris Johnson immer noch so tut, als verhandele er mit der EU, hat ihm das oberste Gericht Großbritanniens seine Grenzen aufgezeigt.

Mit diesem Urteil wird die „Prorogation“ für illegal und damit null und nichtig erklärt – als habe sie nicht stattgefunden. Wie es weitergeht, ist klar – John Bercow hat das House of Commons bereits für heute wieder einbestellt, damit die (im Gegensatz zu Boris Johnson) demokratisch gewählte Vertretung des britischen Volks beraten kann, wie mit dem unglückseligen Dossier „Brexit“ weiter verfahren werden soll. Zwar hört man hie und da, dass Boris Johnson schon über die nächste “Prorogation” und andere Tricks wie schnell organisierte Neuwahlen nachdenkt, doch langsam dürfte sein Kredit bei den Briten aufgebraucht sein.

Für Boris Johnson wird die politische Luft nun sehr dünn. Nach dem Urteil wurden sofort wieder Rücktrittsforderungen laut und die Briten werden es ihm kaum verzeihen, dass er ihre Queen angelogen hat, als er ihr erzählte, er würde das Parlament zeitweise in Urlaub schicken, damit sie genug Zeit habe, ihre Thronrede vorzubereiten.

Und somit geht der britische Schildbürgerstreich in die nächste Runde. Wenn man sich anschaut, wie erfolglos sich Regierung und Opposition in den letzten drei Jahren an diesem Thema abgearbeitet haben, ist dies zwar noch kein Garant für eine vernünftige Lösung, doch kommt wenigstens die Hoffnung zurück. Und diese Hoffnung lautet: zweites Referendum. Denn das erste Referendum, auf das sich die „Brexiteers“ immer beziehen, kam nur unter Lügen und der Vortäuschung falscher Tatsachen, sowie dem Ausschluss ganzer Bevölkerungsgruppen zustande. Ein zweites Referendum, jetzt, wo jeder Brite wissen sollte, worum es wirklich geht, wäre der einzig sinnvolle Weg. Ob das britische Parlament das noch in den verbleibenden fünf Wochen hinbekommt?

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