Wildes SIG: Hase oder Igel? Es lebe der Storch!

Die Saison neigt sich dem Ende zu. Aus der Champions League hat sich SIG Strasbourg bereits verabschiedet, nun geht es um einen Platz in den Playoffs der Liga. Und Pokalfinale ist ja auch noch...

Endlich wieder jubeln! Dieser Storch piekst nicht, jedenfalls nicht den eigenen Mann - SIG-Spieler Jean-Baptiste Maille beklatscht die klatschende SIG-Army, die Fans des Straßburger Basketballvereins, nach gewonnenem Heimspiel. Foto: © Michael Magercord

(Michael Magercord) – Kaum ist er in Sichtweite, ist er auch schon wieder weg: Platz acht in der Liga. Dieser Tabellenplatz würde die Teilnahme an den Playoffs zur Meisterschaft der französischen Basketballiga bedeuten. Doch noch lauern die Straßburger auf Position Neun.

Paul Lacombe war nach der jüngsten Niederlage auswärts gegen Dijon schon fast am Verzweifeln: „Ich verstehe das nicht, jedes Mal, wenn die Top Acht zum Greifen nah sind, scheint es, als wollten wir gar nicht dahin“. Wie ein Kreis ohne Ausgang erscheine ihm, dem Kapitän seiner Mannschaft, die laufende Saison.

Zumindest verlief die Spielzeit für SIG ziemlich wild. Ist man in der Wildnis der Hase oder der Igel? Dabei hat sich der Storch aus dem Elsass am Beginn gar kein allzu hohes Ziel gesteckt: nämlich eben unter die ersten Acht zu kommen. Sollte es nicht gelingen, in die Playoffs einzuziehen, wäre das zum ersten Mal, seit die Meisterschaft unter diesem Modus ausgespielt wird.

Von vornherein wusste man, dass diese Spielzeit eine Zwischensaison werden wird, eine Zeit des Umbruchs: weniger Sponsorengelder, höhere Kosten, ein schlankerer Kader – die Aussichten waren letzten Herbst nicht nur rosig. Trotzdem lief es ja nicht nur schlecht. SIG bekam, obwohl sportlich nicht qualifiziert, wegen vergangener Verdienste eine Ausnahmegenehmigung zur Teilnahme an der Champions League – und kämpfte sich unter dem neuen Trainer Massimo Cancellieri bis in die zweite Hauptrunde vor.

Für die nächste Saison nimmt sich der Verein wieder mehr vor. Ein neuer Vereinspräsident und vor allem das neuentfachte Engagement des Hauptsponsors geben nun wieder Anlass zu einer positiven Grundstimmung. Denn das neue Gesicht der Geldgeber wird der 38 Jahre junge Matt Pokora, der alter Straßburger ist. Als Kind sei der Popsänger und Musikproduzent immer mit seinem Vater zu SIG-Spielen gegangen, da habe ihn das Basketballbazillus erwischt, das bei ihm mit einem unheilbaren SIG-Virus einhergeht. Nicht nur Geld wollte er eintrommeln, sondern auch für gute Laune sorgen. Man nennt das heutzutage Marketing und Merchandising, das schließlich dazu führen soll, dass in Straßburg alle jungen Leute ein SIG-Trikot tragen werden.

Und natürlich soll die gestiegene Aufmerksamkeit für weitere Mittel sorgen, die der Mannschaft zugutekommen werden, aber auch das Eis, das sich um das Projekt des Neubaus einer SIG-Arena gelegt hatte, zum Schmelzen bringen soll. Aber bis dahin dürfte den Zuschauern in der angestammten Rhenushalle viel Neues geboten werden: Unterhaltung und Show, worin ja auch die Kernkompetenz des ersten Animateurs von SIG liegt. Eine Vereinshymne will er kreieren – und schon schwärmte der Vereinspräsident vom „Startschuss in eine neue Ära“. Ob es sich dabei aber um wirklich Neues handelt oder doch nur ein Revival der Wachstumskonzepte der 00er Jahre ansteht?

Bisher hat SIG mit den Fans eigentlich die geringsten Probleme. Der Zuschauerschnitt ist der zweithöchste der Liga und die „SIG-Army“, die Eingefleischten der Eingefleischten, hält unverdrossen zum Verein. Und das Storchen-Maskottchen ist sowieso unschlagbar. Mit ihnen im Rücken gilt es nun diese Saison noch gut zu Ende zu bringen. Zumal ja Ende April sogar noch ein Titel winkt: Dann fahren wir nämlich nach Paris! Zum französischen Pokalfinale in Bercy! Wieder gegen Dijon, gegen die man durchaus nicht ohne Chancen antritt.

Aber klar, der entscheidende Wettbewerb bleibt die Liga, das Abschneiden dort entscheidet auch über das wirtschaftlich nicht unbedeutende Auftreten auf internationalen Parkett im nächsten Jahr. Und ob sich die BCL nochmals darauf einlässt, SIG selbst als Tabellen-Neunten die Teilnahme an dem vorsaisonalen Qualifikationsturnier zu gewähren, gilt nicht als ausgemacht.

Somit wird jedes Ligaspiel zum Endspiel, also auch am kommenden Samstag gegen die Basketballer aus Dünkirchen. Deren Fans übrigens sorgen selbst für ihre Stimmung, sind die „Nordisten“ doch ausgesprochene Karnevalisten inklusive Brassband. Allerdings werden ihre abstiegsbedrohten Basketballer die herbeigesungene Unterstützung des gefürchteten Korsaren Jean Bart auch brauchen, denn zuhause bleiben die Straßburger eben doch meist die Helden. Was Trainer Massimo Cancellieri aber auch nervt: Warum rufen viele Spieler ihre kämpferischen Qualitäten nicht auch auswärts gleichermaßen ab? Denn darum geht es im Basketball: Es gibt keine Spezialisten, vorne und hinten muss jeder seine Leistung bringen, und zwar jederzeit, egal, ob das Parkett in Straßburg oder anderswo bespielt wird.

Und dann mal sehen, ob es am letzten Spieltag vor den Playoffs, dem 11. Mai, dann noch zum direkten Showdown mit den Spielern aus Saint-Quentin kommt, die jetzt den begehrten Platz Nummer Acht halten – und das ausgerechnet auswärts!

SIG Strasbourg – Gravelines-Dunkerque

29. Spieltag der französischen Liga
SA 13. April, 18.30 Uhr
Rhenushalle – Stadtteil Wacken

Tickets und Infos unter: www.sigstrasbourg.fr 

Weitere Heimspiele in der französischen Liga bis Saisonende:

SA 24.04. 18.30 Uhr: SIG – Le Mans
SA 04.05. 18.30 Uhr: SIG – Blois

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