Willkommen den Kriegsverbrechern!

Drei Femen-Aktivistinnen haben die Feiern in Paris gestört. Und da sie das bei uns und nicht in Russland gemacht haben, sind nun alle sehr verärgert.

Ob West oder Ost - die Femen-Aktivistinnen finden alle immer dann gut, wenn sie bei den anderen demonstrieren. Ansonsten geht's ab in den Knast. Foto: ScS EJ

(KL) – Im Westen mag man die Femen-Aktivistinnen. Denn normalerweise führen diese ihre Aktionen in den Ländern des Ostblocks durch und wenn sie das tun, dann ist der Westen immer solidarisch und fordert sofort, dass die verhafteten Aktivistinnen schnell wieder auf freien Fuß gesetzt werden. Ganz anders sieht es aber aus, wenn die Femen-Aktivistinnen bei uns aktiv werden. Dann kommen sie nämlich auch bei uns in den Knast. Und niemand ist mehr so richtig solidarisch.

Mehr als 10.000 Sicherheitskräfte, die nötig waren, die Bevölkerung auf sicherem Abstand zu halten, haben nicht ausgereicht, um drei Femen-Aktivistinnen davon abzuhalten, barbusig auf den Konvoi des amerikanischen Präsidenten auf den Champs-Elysees zuzulaufen und ihm ihre auf den Körper gepinselten Botschaften zu präsentieren. „Willkommen den Kriegsverbrechern“ oder „Falsche Friedensstifter, echte Diktatoren“ konnte man da lesen, was angesichts der rund 70 Staats- und Regierungschefs auf der Ehrentribüne sicher keine Übertreibung war.

Ähnlich wie in den Ländern des Ostblocks waren auch in Paris ruck-zuck die Sicherheitskräfte vor Ort, schafften es mit vereinten Kräften und dank guter Nahkampfausbildung, die Mädels auf den Boden zu werfen und mit verdrehten Armen abzuführen (also genau das, was auch russische Sicherheitskräfte mit Femen-Aktivistinnen machen – nur wenn das in Russland stattfindet, sind wir alle richtig empört und finden diese jungen Frauen richtig mutig) und dann ging es ab zum Haftrichter, der die drei dann wegen „Exhibitionismus“ erst einmal festsetzte.

Wie scheinheilig! Wenn die Femen-Aktivistinnen in anderen Ländern Missstände anprangern, dann ist der ganze Westen voll des Lobs ob dieser ungewöhnlichen und doch so medienwirksamen Aktionen. Doch kaum finden diese Aktionen bei uns statt, kennt die Empörung keine Grenzen mehr. Die Sozialen Netzwerke brummten am Sonntag und die meisten Kommentatoren rieten den Femen-Aktivistinnen, doch ihre Aktionen in Pakistan oder anderswo durchzuführen, „dann würden sie schon sehen…“. Volkes Zorn hat immer etwas Hässliches…

Wie gut, dass es noch so mutige Aktivistinnen gibt, die laut und deutlich das sagen (und schreiben), was sich die anderen schon nicht einmal mehr trauen zu denken. Dass die westlichen Behörden mit genau der gleichen Brutalität gegen diese Aktivistinnen vorgehen, zeigt nur, dass wir keinen Deut besser sind als die Regimes, auf die wir gerne mit dem Finger zeigen. Und Hand auf’s Herz – wer würde den plakativen Sprüchen auf den Körpern dieser Frauen widersprechen?

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