Willkommen in Schengen, Gibraltar!

Großbritannien und Spanien haben sich in letzter Sekunde vor dem Brexit auf einen Status für Gibraltar geeinigt.

Die Meerenge von Gibraltar - hier sollen die Brexit-Folgen vermieden werden... Foto: Astro-Alex / Wikimedia Commons / CC-BY-SA 2.0

(KL) – In trockenen Tüchern ist die Absprache zwischen Großbritannien und Spanien über einen Sonderstatus für Gibraltar noch nicht – die britische und spanische Regierung und das Europäische Parlament müssen der Absprache zwischen den Briten und den Spaniern über den künftigen Status von Gibraltar noch zustimmen. Aber immerhin haben sich Madrid und London auf eine überraschende Lösung zur Frage des Status von Gibraltar geeinigt. Der Felsen an der Meerenge zwischen Europa und Afrika, eine britische Enklave, auf die sowohl Spanien wie das Vereinte Königreich Anspruch erheben, wird zunächst für sechs Monate dem Schengen-Raum beitreten und dadurch wird verhindert, dass an diesem von einigen Spaniern, Briten und vielen Berberaffen bevölkerte Felsen eine EU-Außengrenze entsteht, nachdem seit einigen Stunden Großbritannien nicht mehr zu Europa gehört.

Es mag schönere Momente geben, um dem Schengen-Raum beizutreten, als ausgerechnet mitten in einer pandemischen Krise, in der auch im Schengen-Raum immer mehr Grenzen geschlossen werden. Aber immerhin wurde auf den letzten Drücker verhindert, dass die erste große diplomatische Krise im Schlepptau des „Brexit“ bereits wenige Stunden nach Inkrafttreten der britischen Isolation losgetreten wird. Denn ohne den Beitritt Gibraltars zum Schengen-Raum würde am Grenzübergang zwischen dem spanischen Festland und Gibraltar, der immerhin täglich von 15.000 Berufspendlern überquert wird, eine EU-Außengrenze entstehen, die entsprechend scharf kontrolliert werden müsste, was zwangsläufig zu großen Problemen führen würde, da auch der Berufsverkehr stundenlang an diesem einzigen Grenzposten aufgehalten würde. Denn die Berufspendler bräuchten ohne den Schengen-Beitritt für jeden Grenzübertritt ein europäisches Visum…

Somit bleibt die europäische Personenfreizügigkeit zwischen dem britischen Felsen Gibraltar und dem EU-Staat Spanien aufrecht erhalten. Die EU-Außengrenze wird nach dieser Absprache an den winzigen, aber internationalen Flughafen von Gibraltar verlegt, wo das Passagieraufkommen sehr bescheiden ist und die Kontrollen überschaubar bleiben. Laut der spanischen Außenministerin Arancha Gonzaléz Laya stehen die Kontrollen am Flughafen unter spanischer Aufsicht, „denn Großbritannien ist kein EU-Mitgliedsstaat mehr, Gibraltar ist kein Land und Spanien hat eine Verpflichtung gegenüber den anderen EU-Staaten.“

Nun haben die Verhandlungspartner eine Frist von 6 Monaten, in denen alle zuständigen Stellen dieser Lösung zustimmen müssen. Auf europäischer Seite dürfte das ziemlich schnell gehen, denn der Beitritt Gibraltars zum Schengen-Raum würde zahlreiche Vorteile bringen, praktischer und ideeller Art. Wie es auf britischer Seite aussieht, ist fraglich. Erfahrungsgemäß werden die britischen Parlamentarier ein paar Jahre brauchen, bevor sie feststellen, dass sie keine Meinung zu dieser Frage haben. Aber das wird man sehen. Und auch, wenn „Schengen“ gerade alles andere als ein Raum der Personenfreizügigkeit ist – herzlich willkommen in Europa, Gibraltar!

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