Wir haben Monster erschaffen!
Was uns die Weltpolitik gerade vorsetzt, spottet jeder Beschreibung. Dabei haben wir selbst die meisten dieser Monster selbst erschaffen, beziehungsweise gewählt.
(KL) – Da sitzen wir staunend vor den Nachrichten und schütteln den Kopf über all die Neuigkeiten aus aller Welt, von denen eine schlimmer ist als die andere. Es sieht so aus, als seien wir wieder einmal in diese entsetzte und ängstliche Starre verfallen, in der wir nur noch schauen, uns dabei aber so macht- und hilflos fühlen, dass wir das Management unseres Planeten und unserer Länder Leuten überlassen, die entweder mit dieser Aufgabe überfordert sind oder aber die so schlechte Intentionen haben, dass es einem kalt den Rücken herunterläuft.
Theresa May, Boris Johnson, Nigel Farage, Jeremy Corbyn, Recep Tayyip Erdogan, Bachir Al-Assad, Donald Trump, Kim Jong Un, Wladimir Putin, Matteo Salvini, Viktor Orban, Alexander Gauland, Marine Le Pen, Jean-Luc Melenchon, Jair Bolsonaro, Benjamin Nethanjahu und wie sie alle heißen, flankiert von zahllosen Schreibtischtätern in vielen Ländern, sorgen dafür, dass die Welt nicht mehr ruhig schlafen kann. Doch erstaunlicherweise sind die meisten von diesen „Monstern“ durch demokratische Wahlen an die Macht gekommen. Bis auf den Wonneproppen aus Nordkorea, der die Macht von Papa geerbt hat, sind alle diese Leute – Wahlsieger. Mit dieser Erkenntnis sollten wir anfangen, uns die richtigen Fragen zu stellen.
Wir stehen kurz vor einer Europawahl, bei der sich das zukünftige Schicksal Europas entscheiden könnte. Zahlreiche unterschiedliche Interessen lassen sich dummerweise auf einen Nenner bringen – die Extremisten in Europa sind gegen Europa. Der Gegenentwurf zu Europa ist bei den Extremisten der Neonationalismus. In wirtschaftlich schwierigen Zeiten, mitten in der Technologischen Revolution mit ihren gesellschaftlichen Auswirkungen, auf die wir höchstens reagieren können, erleben wir eine unglaublich ungerechte Verteilung der Reichtümer dieses Planeten, einen verantwortungslosen Umgang mit unserer Umwelt und deren Entwicklung, einen zynischen und mörderischen Umgang mit denen, die unsere Hilfe brauchen, eine immer präsenter werdende Gewalt auf der Straße. Wenn jetzt jemand sagt „aber Sie haben doch selbst diejenigen gewählt, die das machen!“, dann möchte man aufbegehren und sagen „Hey, nein! Doch nicht dafür!“. Aber seien wir ehrlich. Mit den Leuten, die wir in die Parlamente wählen, darf man doch auch nicht viel anderes erwarten!
Die traditionellen Parteien werden mehr und mehr zu Auslaufmodellen, denen gerade das Schlimmste passiert, was einer politischen Partei passieren kann: Es interessiert sich niemand mehr dafür, was die Parteizentralen zum Besten geben. Doch seltsamerweise machen diejenigen, die noch wählen gehen, immer wieder ihr Kreuzchen bei denjenigen, von denen man zumindest ahnt, dass sie im Laufe eines Mandats nicht unbedingt die Interessen ihrer Region, ihres Landes oder gar Europas vertreten, sondern lieber an der eigenen Karriere basteln.
Wer solche Politiker an die Macht trägt, oder dies durch seine Enthaltung zulässt, macht sich an deren Taten mitschuldig. So tragen wir alle eine kollektive Mitschuld am Ertrinken Tausender im Mittelmeer. Nicht, weil wir direkt etwas für die Zustände in den Ländern der Flüchtlinge können (sondern eher indirekt). Aber wir haben diejenigen gewählt, die in unserem Namen beschlossen haben, Marineschiffe ins Mittelmeer zu schicken, die Flüchtlinge in ihren Nussschalen auf hoher See einsammeln, um diese nach Nordafrika zurückzubringen, wo sie oft in KZ-ähnlichen Einrichtungen landen. Oder man rettet Schiffbrüchige nicht. Oder man sperrt alle Häfen für NGO-Rettungsschiffe. Alles in unserem Namen. Weil wir diejenigen gewählt haben, die das entscheiden.
Aber am 26. Mai 2019, da können wir es besser machen. An diesem Tag haben wir die Möglichkeit, ein anderes Europa zu wählen. Das allerdings setzt voraus, dass wir uns ausnahmsweise mal in den kommenden Monaten die Mühe machen, nachzulesen, was die verschiedenen politischen Parteien anzubieten haben, die sich zur Wahl stellen. Da aber gerade die Demokratie in Europa massiv gefährdet ist, sind die paar Momente, die man in die Lektüre des einen oder anderen Parteiprogramms stecken kann, das Mindeste, was jeder von uns dazu beitragen kann, dass Europa demokratisch bleibt. Denn alle anderen Alternativen sind keine Optionen.
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